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die Reisenden in Ansbach ab und blieb während der Wartezeit bei unsern Schwägerinnen. Wir gingen ein Stück entgegen und führten im Triumph die geliebten Vorstände, die nun ausstiegen, vollends heim, wo die ganze Anstalt vor dem Haus versammelt war. ...Herr Pfarrer Weber ist noch in Reichenhall, doch geht es ihm gottlob besser.

 Am 13. August wird wieder Generalversammlung sein. Wie ganz anders gehen wir doch diesmal dem Tag entgegen als im vorigen Jahr! Es soll zu dem Tag auch das Monument für unsern seligen Herrn Pfarrer kommen.

 Wir haben jetzt immer ziemlich viel akute Kranke hier, weil wir alle Eisenbahnarbeiter zwischen Ansbach und Nürnberg, die erkranken oder verunglücken, aufnehmen. Da bekommt man großes Mitleid mit den armen Menschen, die sich so viel Gefahr aussetzen müssen um des lieben täglichen Brotes willen.

 Heute ist nun endlich der 1. Band von Herrn Pfarrers Leben erschienen. Er kostet 2 fl. Zwei weitere Bände werden nachfolgen. Ich habe schon ein wenig darin genascht. Manchmal kommt eine rechte Sehnsucht ins Herz nach dem vielgeliebten Hirten, und es kommt mir dann alles, was sich ereignet, wie ein Traum vor. Aber bei der Sehnsucht, die ja nie erlöschen wird, bin ich auch tief dankbar für das, was wir jetzt haben. Wie ist uns doch unser Herr Rektor in der kurzen Zeit schon so unendlich teuer geworden! Und auch ihm ist es wohl unter uns. Als er nach der schönen Reise, auf der er viele Seelen glücklich gemacht hat, zurückgekehrt war und wieder unterm Diakonissenhaus stand, sagte er: „Hier ist’s doch am allerschönsten“, und von einer früheren Reise in seine Heimat schrieb er als Erwiderung auf einen Scherz, den ich beim Abschied gemacht, Schwester Therese dürfte gar keine Sorge haben, daß er sich im Odenwald wieder einlebe; es sei nirgends so schön wie in Dettelsau. Das ist uns ein großer Trost. Es war ihm viel Schlimmes von den Dettelsauer Diakonissen gesagt worden, und ich hörte zufällig, daß er sich so wundere, alles ganz anders zu finden. Es werde ihm ja ein Gehorsam entgegengebracht, der ihn in Erstaunen setze. Siehst Du, das freut mich so, besonders auch deswegen, daß wir doch dem lieben Herrn Pfarrer keine so arge Schande machen.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/216&oldid=- (Version vom 20.11.2016)