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Schwestern besuchte, ein äußerst interessanter Mann, der die Veranlassung gab, daß vorigen Sonntagnachmittag sich das Gespräch im Pfarrhause um das Volk Israel drehte. Infolgedessen tilgte Herr Pfarrer beim Abendgottesdienst, wie er sagte, eine alte Schuld, die er gegen uns gehabt, indem er uns vorschlug, von nun an auch Missionarin von den Juden zu werden durch unser Gebet, das wir von jetzt an jeden Mittwochabend für die Bekehrung Israels zum Herrn richten wollen. Dazu diktierte uns Herr Pfarrer nun auch eine Litanei, die Sie bekommen werden. Gestern lasen wir in unserem Kapitel (alle Freitag haben wir in Dettelsau dienenden Diakonissen Kapitel) die Vorrede von Delitzsch zu dem kleinen Büchlein: Israels Weg zur Herrlichkeit, wenn Otto es noch nicht hat, soll er es sich doch kaufen. Es ist ganz herrlich, besonders eben die Vorrede.

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 In meinem Berufe geht es mir, finde ich, gut; Biblische Geschichte und Geschichte freut mich am meisten. Sagen Sie doch Otto, daß hier ersterer Gegenstand, der natürlich hier Hauptsache ist, so behandelt wird: wir nehmen gegenwärtig zum Beispiel in der 2. Klasse die Geschichte der Könige durch. Da werden zuerst die Tabellen der jüdischen und israelischen Könige geschrieben, wie sie sich in Kurtz finden, und dann auch auswendig gelernt. Die einzelnen Geschichten werden vergleichend nach Könige und Chronika meist außer den Stunden gelesen und in den Stunden durchgegangen, vielleicht mit Bemerkungen der Lehrerin nach Kurtz oder nach dem, was sie von Herrn Pfarrers Unterricht weiß, oder, wenn sie die Gabe hat, nach eigener Beobachtung. Die Propheten und ihre Weissagungen werden natürlich soviel als möglich mit hereingenommen, ebenso die in Israels Geschichte eingreifenden Weltmächte. Herrn Pfarrers Grundsatz ist, immer von der Übersicht zur Einsicht zu gehen, welcher von uns dann auch befolgt wird, sofern man nicht zu kleine Schülerinnen vor sich hat. Harleß wird von den jüngeren Kindern benützt. Zahn ist nicht im Gebrauch, höchstens sieht die Lehrerin, welche unser kleines achtjähriges Lieschen unterrichtet, manchmal hinein. Die anderen Kinder alle haben die Bibel selbst in Händen und lesen. Ein Hauptgrundsatz ist, bei aller Geschichte Geographie zu treiben. Die Schülerinnen sollen recht heimisch werden im

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Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/85&oldid=- (Version vom 10.11.2016)