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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246

Nun sollte der Weltgeist alle seine Todten wieder lebendig machen und von unten herauf senden, worauf auf Erden ein gewaltiges Wühlen, Zittern, Rauschen, Rühren, Rutschen, Handthieren, Conferiren, Confiszieren und Spekuliren entstand, in dem alle die Millionen gestorbenen Creaturen wieder lebendig zu werden suchten und sich die äußerste Mühe gaben, ihrer ehemaligen Seele wieder habhaft zu werden. Da konnten nicht Seelen genug gefunden werden, es war ein solcher Handel und Wandel, eine solche Conkurrenz der Leiber und ein solches Laufen nach den unsterblichen Geistern, daß ein Commerzienrath, der durch einen Zufall zuerst lebendig geworden war, die Hände vor Entzücken zusammenschlug, und sich keine andre Seligkeit wünschte, vorausgesetzt, daß er dazu gelangen sollte.

Endlich hatten sich einige hundert tausend hervor gemacht und standen da und schauten um, ohne recht zu wissen, was mit ihnen vorgehn sollte. Der alte Nikolai steckte noch in der Erde und wollte durchaus nicht heraus, weil er gehört hatte, daß nun die reine Ewigkeit anfange, er wollte durchaus mit nichts zu schaffen haben, das irgend rein sei, weil er diesem Begriffe einen unversöhnlichen Haß

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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246. Frommann, Jena 1800, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tieck_Das_juengste_Gericht_1800.pdf/11&oldid=- (Version vom 22.12.2016)