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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246

dem so wunderbare Stimmen klangen, daß mein ganzes Gemüth davon erschüttert wurde. Es währte nicht lange, so zeigte sich eine Anzahl von bunten und seltsamen Gestalten, die lustig und possierlich durcheinander sprangen, es war nicht anders, als wenn sich ein Füllhorn mit den fabelhaften Göttern der alten Zeit ausgeschüttet hätte; da rannten Satyrn und Figuren aus dem Tartarus, der finstere Pluto bewegte sich dazwischen, sammt den Furien und den Schrecknissen der Hölle, doch hatten alle ein etwas teufelmäßigeres Colorit, als man in der Mythologie an ihnen gewohnt ist, so daß ich wohl sah, es würde nunmehr Ernst werden und für meine Seligkeit nicht wenig besorgt war. Wie ich mich noch neugierig und besorgt umsah, wurde ich unter den Satyrn einen sehr armseligen gewahr, der eine Büchse in der Hand hielt und auf mich zielte, als wenn er im Begriff wäre, loszudrücken. Weil man in Träumen gewöhnlich kindisch und furchtsam ist, so fürchtete ich mich auch vor diesem Schützen, vollends da er noch ausrief: Hier gilt weder Uebersetzen noch übersetzt werden. Welches sich darauf bezog, daß ich im ersten Taumel und Rausch gleich einen nahe stehenden Teufel nach den beiden großen Gestalten Cervantes und Shakspeare gefragt hatte. Der Schütze drückte und

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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246. Frommann, Jena 1800, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tieck_Das_juengste_Gericht_1800.pdf/9&oldid=- (Version vom 22.12.2016)