Seite:Topographia Alsatiae (Merian) 040.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gehöret hat. Theils nennens Clairvaux, Klarwang, und Cleroviam. Anno 1644. den 19. 29. Januarii / seyn / in dem grossen Sturmwinde / viel Häuser allhie eingefallen / davon manche Menschen erschlagen worden. Ist sampt Passavant, bey den Restituendis primo termino, bey den Executions-Tractaten / zu Nürnberg / Anno 50. einkommen.


Collmar.

Es hat vor Zeiten in der Revier ein vornehme Stadt / so Argentuaria, Teutsch-Arburg geheissen / gehabt / deren die Alten gedencken / und bey welcher Käyser Gratianus Anno 378. ein ansehnliche Victori wider die Teutsche und Alemanner erhalten. Attila solle hernach solche Stadt zerstöret haben / die / wie man darfür hält / an der Ill gelegen gewesen / wo jetzund das Würtenbergische veste Schloß Harburg / eine Viertel Meil oberhalb Collmar / ist / so noch den Namen von der gemeldten alten Stadt haben soll. Gehört nach Mümpelgart / und hat Graff Georg von Würtenberg und Mümpelgart / Anno 1543. solches erbauet / und bevestiget / und hernach sein Sohn / Hertzog Friderich / mehrers versehen und gezieret. Nun auß den Ruderibus, und Steinen der besagten gewaltigen Stadt Arburg / ist hernach von den Teutschen besser underhalb / wie obangedeutet / die Stadt Collmar erbauet worden / so vielleicht vorhin ein Kohlenmarckt gewesen. Daher B. Rhenanus sagt: Der Undergang Argentuariae, hat uns die Stadt Collmar gegeben; welcher auch schreibet, daß der Käyserliche Vogt zu Hagenau Wolfelinus, sie / zun Zeiten Käysers Friderici II. mit Mauren ümbgeben habe. Es ligt diese Reichs-Stadt auff einem gantzen eben / schönen / und fruchtbaren / von vier Wassern / der Lauch / Dur / Fecht / und der Ill / (so nicht weit von der Stadt / die andern aber theils durch dieselbe / theils fürüber lauffen) befeuchten Boden / fast mitten im Elsaß / und ein Meil von den Städtlein Käysersberg / Ammersweyer / Reichenweiler / und Rapoltsweiher / und ein Stund fern von den Bergen. Ist mit Wällen fein bevestiget / auch innwendig so wol mit dem Raht- und Kauffhauß / als andern schönen Häusern gezieret; darunder etliche Klöster und Kirchen seyn; und ist das Münster / oder zu S. Martin / ein Stifft / so der Benedictiner Priorat zu S. Georgenthal gehörig / gewesen / von der Königin Bertha, Caroli Magni Mutter gestifftet. Der Minoriten Kloster ist gar weitläuffig; der Prediger groß / und reich; der Augustiner klein; der Nonnen under der Linden gar groß. S. Catharinae / auch ein Nonnen-Kloster / etwas kleiner. Es ist auch noch ein Stifft oder Probstey zu S. Peter allhie / so gedachten Käysers Caroli Tochter Adelheit fundirt haben solle. Dann diese Stadt vor Zeiten Volckreich gewesen / daß etwan 3500. Personen ungefähr auff Ostern allda zum H. Abendmahl gangen seyn. Es hat auch allda vor diesem ein feines Zeug- und Korn-Hauß gehabt. Ihr Reichs-Anschlag ist vier zu Pferd / und dreissig zu Fuß / oder an Gelde 168. fl. und zu Underhaltung deß Kammergerichts Jährlich 133. fl. 21. Kr. 3. hl. den Tahl. zu 69. kr. gerechnet / wie ich in einer geschriebenen Verzeichnuß gefunden. Nach obgedachtes Käysers Friderici II. Tod / gab es Ungelegenheit allhie / in deme Theils dem Bischoff von Straßburg / Theils Graf Rudolphen von Habspurg angehangen / welcher letzte auch bey der Nacht in die Stadt gelassen worden ist. Anno 1262. haben sich die Bischoffliche bey Nachts auch in die Stadt gemacht / da es dann übel hergangen; gleichwol die Bürger ihrer Feinde Meister worden seyn / viel derselben erlegt / und die übrigen wieder außgejagt haben. Als besagter Rudolphus Käyser worden wolten die von Collmar ihn nicht für einen König erkennen; daher er sie belägerte und straffte. Sie hatten einen Schultheiß / Namens Walther Rösselmann / welcher wider ihn den Käyser war / und es mit einem Herrn von Rapolstein hielte. Wie er es dann auch folgends wider den Käyser Adolphum also machte / daß er der Käyser Anno 1292. die Stadt belägern muste. Weil er dann den Collmarn das Mühlwasser hatte abgegraben / und sie sich nur mit Handmühlen behalffen / so seynd sie sonderlich die Armen / der Belägerung endlich müd worden / und haben an ihren rechten Herrn / nämlich / den Käyser / zugedencken angefangen / und er welchen es drey arme Bürger gewagt / und ihren Anschlag etlichen Vertrauten entdecket / und heimlich zum Käyser geschickt / er solte die Bürger durch seine Bogenschützen herauß fordern / und locken; wann dann sie / und die Herrn der Stadt / vor der Stadt fechten würden / wolten sie die Stadt-Thor zuschliessen / und solche ihm dem Käyser überantworten. Der Käyser Adolph machte zwar den Anstalt also / aber der Schultheiß / sampt dem Herrn von Rapoltstein / rochen den Braten / und blieben in der Stadt. Also gieng auch ein anderer Anschlag / mit Anzündung eines Hauses / nicht an. Endlich / hat doch der gemeine Mann die Schlüssel der Stadt zu sich bekommen / und behalten / den Herrn von Liechtenberg gesucht / der sich aber zu dem Rapoltstein gethan / und mit zehen Männern über die Mauren hinunder / gleichsam nackend / gelassen / in Willens / mit etlicher Reuterey / dem von Rapoltstein zuhülff zukommen; aber der gemeine Mann wolte niemands auß oder einlassen / und wurde endlich der von Rapoltstein gefunden / und gefangen / und sampt der Stadt / derselben Schlüsseln / und etlichen Bürgern / dem Käyser übergeben. Der oberwehnte Schultheiß aber hat sich von einem Ort ans ander / auch gar auß der Stadt / in Bettlers Kleidern / verkrochen / biß er ins Baseler Gebieth kommen / welche ihn dem Käyser überlieffert haben; der ihn auff ein Rad legen / und sampt dem Rad / auff einer grossen Stangen / daß er von jederman konte gesehen werden herümber tragen / an Pferd und Wagen / daß er muste hernach lauffen / binden / und endlich die Hand / weil er so Ehr- und Treuloß gehandelt / an einen Stock anhefften lassen. Anno 1575. ist die Religionsänderung allhie / nach der Schweitzerischen / aber in Anno 1626. 27. und 28.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_040.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)