Seite:Topographia Austriacarum (Merian) 098.jpg

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hätten. Hievon aber zu urtheilen stehet einem jeden frey. Sonsten sagt man / daß S. Wolffgang / Bischoff zu Regenspurg / Bayern hieher gesetzt / und die Gegend / so / nach Außrottung der Avaren / öd gelegen / ihnen zu bauen eingeben; so Käiser Otto der Ander bestättiget / und diesen Ort dem Bistum Regenspurg auff ewig zugeeignet habe : Wie Er dann noch heutigs Tags Regnspurgisch ist / und hat ein Schloß; im Stättlein aber sollen viel Haffner / oder Töpffer wohnen / wie Münsterus schreibet. Anno 1619. hat das Ober-Oesterreichische Volck Pechlarn eingenommen.


S. Pölten / S. Hippolyti.

Oder Oppidum Sampoltanum, ein zimlich fein gebaute Landsfürstliche in Unter-Oesterreich / an der Drasam / (welches Wasser von hinnen auff Hertzogenburg / und Draßmauer laufft / und bey Holnburg in die Thonau fällt /) und auff einem gar geschlachten Boden gelegne Statt / welche von S. Hippolyti Kirch / oder Closter allhie / den Nahmen bekommen haben solle. Besiehe / was oben hievon / in Beschreibung der Statt Horn / auß dem Lazio, gesagt worden ist. Es will auch Andreas Ratisbonensis, in seiner Bayrischen Chronic / daß die Kirch allhie von Graff Albrechten / und Otkarn / auß Bayern / zun Zeiten Königs Pipini, Käisers Caroli M. Vattern fundirt worden seye. In tomo 3. Metrop. Salisburg. Hundii, fol. 389. werden sie / die Stiffter dieser Kirchen / Albertus und Ottogerion, Grafen von Warngeu / und Tegernsee / genant / und vermeldet / daß man erachte / sie seyen auß Hertzogs Grimoldi in Ober-Bayern / und also auß dem vorigen Bayrischen Stammen gewesen. Es muß aber die Statt erst lang hernach bey solcher Kirchen einen Anfang bekommen haben / weilen beym besagten Hundio tom. I. Metrop. am 319. Blat / stehet / daß Käiser Rudolph der Erst Anno 1276. Bischoff Petern von Passau zugelassen / seine Dörffer S. Pölten / Everding / und Ambstetten / mit Gräben / und Mauren / nach Belieben / zu bevestigen. Was Käiser Fridericus der Ander dem Stifft Passau über S. Pölten für ein Privilegium geben / daß ist daselbst am 380. Blat zu lesen. Und am 390. Blat sagt gedachtes Bischoff Petern Brieff einer / Anno 1277. gegeben / daß vor ernanter Käiser Rudolph / ihme / und seiner Kirchen / den Blutbann in Sancto Ypolito, in Trayzemur (Drasmaur) / in Kunigsteten, etc. übergeben. Wie aber dieser Ort folgends von dem Stifft Passau kommen / oder was es damit vor eine Gelegenheit / das haben wir bißhero nicht erfragen können; stehet auch davon nichts in tomo 6. Theatri Urbium, aber wol dieses / daß Anno 1597. diese Statt sonderlich angefangen bekant / und berühmt zu werden / als die Bauren in dieser Gegend herum sich über die stetige Aufflagen beschwert zu seyn vermeynt / einen Auffstand gemacht / und nach dem sie einen Schneider / Nahmens Geörg Brunner / zum Rädelsführer bekommen / die Waffen ergriffen; deren der Obrist von Collinitsch bey die 500. nahend Graveneck / niedergemacht / und das Dorff Straß angezündet / in welcher Brunst viel mit Weib und Kindern umkommen seyn. Es haben sich aber gleichwol / nach dieser Niederlag / die Bauren wieder geregt / und den Flecken Pulka auffgefordert; das Mönchs Closter Lilienfeld / oder Lillefeld / geplündert / und darauff dieses S. Pölten belagert: Als aber der Graff von Thurn / bey Nachts / mit wenig Reutern allda ankommen / so ist das gantze Bäurische Lager also darüber erschrocken / daß sie vermeynt / es wäre ein grosse Macht verhanden / und seynd deßwegen vor Tags / gleichsam flüchtig / wieder abgezogen; unter denen die Verständigere endlich ihren Irrthumb erkant / und die Anfänger solcher Auffruhr gefangen genommen haben; unter welchen einer / damit er nicht lebendig in der Obrigkeit Gewalt käme / sich selbsten mit einem Messer erstochen; die andern aber seynd folgends in Anno 1598. zu S. Pölten hingerichtet worden. Lang vorhero im Jahr 1484. haben deß Königs Matthiae in Ungarn Leute diese Statt eingenommen. Sonsten sollen allhie insonderheit die Abbtey / die Pfarrkirch / und das Rathhauß auff dem Marckt / zu sehen seyn. In einer geschriebenen verzeugnuß stehet / daß auff dem Kirch- oder Freudhoff allda 3. Kirchen beysammen stehen / in deren einer zwo Orgeln / in der andern aber 6. Altär. Die dritte sey ein Capel / darinn die Todtenbeiner auffbehalten werden. Es seyen auch zwo Apotecken in dieser Statt.


Rez / Retza.

Ein schönes / lustiges / und wolerbautes Landsfürstliches Stättlein / so gegen Mähren zu / in Unter-Oesterreich / und zwo Meilen von Znoym gelegen / da herumb ein herrlicher Wein wächst / so sonderlich nach Böheim geführet wird. Im Hussiten Krieg haben Anno 1424. die Böhmen diesen Ort erobert / und alles / was Männlich darinnen war / niedergemacht; den Hauptmann aber / Graff Hansen von Hardeck / gefangen genommen / und ihn zu Prag in der Gefängnuß getödtet / auch Retz angezündet; wie Cuspinianus in Alberto V. fol. 402. schreibet. Anno 1485. wurde dieses Stättlein vom König Matthia Corvino auß Ungarn eingenommen; und muste auch solches in dem nächsten Böhmischen Krieg viel außstehen; wie dann von hierauß Anno 1618. den Anfang zu demselbigem Krieg gemacht; Anno 1620. den 20. Martii, solches Stättlein von den Böhmen mit Accord / aber noch in diesem Jahr von den Käyserischen wider erobert worden ist. Es sollen auch die Schwedischen unlängsten dasselbe einbekommen haben.


Scheibs.

Dieses Stättlein Scheibs liegt zwischen den Wassern Ipß / und Erlaph / und an der Erlaph / bey dem Ipserfeld / nahend der Statt Waidhofen / und ist dem Carthäuser Closter Gamyng gehörig / welches Cuspinianus in Austria fol. 64. Gemming nennet / und sagt / daß

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Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_098.jpg&oldid=- (Version vom 2.12.2019)