Seite:Topographia Austriacarum (Merian) 344.jpg

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Trient / Tridentinum.

Vnd von den Welschen Trento genant / wird vom Leandro Alberti, in Italiae descriptione, noch zur Marca Trivigiana, gerechnet / deren Statt Strabo, Plinius, und Ptolemaeus, auß den Alten / gedencken; und ist von den alten Schrifften / so allhie anzutreffen seyn sollen / Lazius fol. 210. et 535. Reip. Rom. zu lesen. Der Nahm solle diesem Ort entweder von den 3. torrentibus, oder Bächen / die auß dem Gebürg dahin lauffen / oder von den 3. hohen Gipflen / oder Spitzen der Berg (sintemal sie zwischen 3. spitzigen Bergen gelegen;) oder von der dreyspitzigen Gabel / und Scepter Neptuni, deme sie am ersten geweihet worden / herkommen seyn. Gemeldter Leander will / daß erstlich von den Toscanern diese Statt erbauet / hernach von den Cenomanis restaurirt, und erweitert / und vom König Dieterich von Bern mit einer Mauren von Quaderstucken umgeben worden / und / nach Verjagung der Gothen / unter die Longobarder / und von denselben an die Röm. Käiser kommen seye. Sonsten weiß man / daß vor Zeiten / ehe Bayern so beschnitten worden / auch selbige Hertzogen in Tyrol / und noch um die Regierung Käiser Friederichs deß Ersten / und Hertzog Heinrichs deß Löwen in Bayern / in Anno 1158. über das Tridentische Thal zu gebieten hatten; ohnangesehen in Tyrol eigne Grafen waren / die aber damalen noch so grossen Gewalt nicht hatten; biß besagter Käiser / nach Absetzung berührten Heinrichen deß Löwen / die Bayrische Marggrafen erhöhet / und sie deß Hertzogs in Bayern Gebiet / wie anderswo / also auch allhie / entzogen hat. Es liegt Trient 3. Tagräisen von Venedig / nahend dem Venedischen Gebiet. In der Teutschen / und Welschen Zuflucht; daher man allda beede Sprachen redet; wiewol die Italiäner die Teutsche auch meistentheils verstehen. Ihr Lager ist gar tieff zwischen den Bergen / an dem Fluß der Etsch / so von den Lateinern Athesis, von den welschen Adice, und Adige, und von den Anwohnenden Adese, genant wird / darüber / gegen Mitternacht / bey S. Lorentzen Thor / eine höltzerne Brück / 140. oder 146. Schritt lang / gehet. Gemeldte sehr hohe Berg seynd stäts mit Schnee bedeckt / so gar felsicht / gäh / und unwandelbar sind; durch welche gleichwol zwo Lucken gehen / eine gegen Mitternacht / und die andere auff Verona zu. An ihr selbst aber liegt Trient in zimlicher / aber nicht grosser / Ebne; ist mit Mauren umgeben / und hat im Umkreyß ein Welsche Meil / und 4. Thor / als S. Martins / S. Lorentzen / zum H. Creutz / und zum Adler; weite / und gepflasterte Gassen / feine Häuser / sonderlich die Madruzisch- und Fuggerische; und kompt von Morgen ein Bach durch die Statt Mauren herein / von welchem unterschiedliche Bächlein mitten in die Gassen der Statt geleitet werden / die ihren Nutzen / mit Reinhaltung derselben / schaffen: Und sind auch an besagtem Bach viel Mühlen / und Häuser / darinn das Seidengeweb getrieben wird. Im Sommer / ist die Hitz allhie gar zu groß; hergegen solle die Kälte allda im Winter fast unerträglich seyn / und die Schöpfbrünn gar kein Wasser haben. Sonsten ist da der Lufft gar gesund; und an Wein / Oel / Milch / allerhand Fleisch / Fisch / und Früchten / so herrlich / und gut seynd / ein Uberfluß. Und ist der Wein / so in der Mänge daselbst wächst / gar lieblich / weiß / und röthlecht / so wir Schiller nennen. Deß Getraids aber wächst da wenig. Man will / daß obgedachte beede Sprachen allhie so rein / und gut seyen / daß mitten in Teutsch- oder Welschland / man kaum zierlicher rede; welches sonsten in Gräntz-Stätten gar selten geschiehet.

Von Kirchen seynd allhie zu sehen / 1. die Bischoffl. Hauptkirch / dem H. Vigilio, Bischoff und Märtyrer / zu Ehren erbaut / und mit einem stattlichen Dom-Capitel / auß dem Adel / und gelehrten Leuten / so den Bischoff zu erwählen haben / versehen. Gedachter heilige Vigilius ruhet mit seiner Mutter / der heiligen Maxentia, und andern Heiligen / daselbst. 2. S. Peterskirch / darinn das unschuldige Kindlein / Simon genant / gewiesen wird; welches allhie den 23. Martii, Anno 1475. am grünen Donnerstag / von den Juden / umgebracht worden ist; dessen unterschiedliche Scribenten / als Sabellicus, Volaterranus, Philippus Bergomensis, Nauclerus, Andreas Vega, in Beschreibung der Statt Trient / (so vor seinem Werck / von dem Concilio an diesem Ort gehalten / stehet;) sonderlich aber Janus Pirrhus Pincius Mantuanus, in dem Leben der Bischöffe allhie / gedencken. Die Italianer (deren fast mehr / als der Teutschen allhie seyn sollen) haben diesen Tempel zu ihrem Religions-Exercitio innen. Und in dieser Kirchen ist auch deß tapffern Ritters / Geörgen von Freundsperg Monument zu sehen. 3. S. Mariae der Grössern Kirch / so ein gewaltige Orgel von 24. Registern hat / und aussen mit weissem / und rothem Marmor gezieret ist. Und in solcher Kirch ist das berühmte Concilium gehalten worden / so von dieser Statt den Nahmen / und welches sich Anno 1545. angefangen / und Anno 1563. geendet hat. In welcher Zeit alle Victualien gar wol zubekommen gewesen; obwollen bißweilen über die viertausend Personen von Geist- und Weltlichen sich allhie befunden / darunter 7. Cardinäl. 3. Patriarchen. 33. Ertzbischöffe. 235. Bischöff. 7. Aebbt. 7. Ordens Generaln / und 146. Theologi; Item / deß Käisers / unterschiedlicher Königreich / der Venediger / etlicher Hertzogen und Fürsten / und der Catholischen Schweitzer Gesandten / gewest seynd. 4. S. Mariae Magdalenae Pfarrkirch. Ferners seynd allhie auch 4. Spitäl. 3. Clöster / als der Frauen von der Observantz zur H. Dreyfaltigkeit / zu S. Augustino, und S. Marx: Und ist auch neulich ein Jesuiter Collegium dahin kommen. In der Vorstatt seynd auch etliche Clöster. Von weltlichen Gebäuen ist insonderheit das grosse / und schöne Bischoffliche Schloß zu besichtigen / welches der Cardinal / und Bischoff allhie / Bernardus Clesius, oder von Glöß / ein Tyroler / so Anno 1539. gestorben / mehr zur Zierde / und Ansehen / als zum Schutz der Statt erbauet hat / wie Schraderus, der es beschreibet / im Anfang des 1. Buchs Monumentorum Italiae meldet. Wird gleichwol jetzt vor vest gehalten / als welches mit Wällen / und Bollwercken / umgeben ist; daran sonders Zweiffels / sein H. Clesii Nachfahr / Herr Christophorus von Madrutz / ein Tyrolischer Freyherr / und hernach

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_344.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)