Seite:Topographia Bavariae (Merian) 235.jpg

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hat es ingleichem; wie dann der Schwartzwald nicht weit davon; Item das Tyrolisch Gebürg / daher man allerhand gute Schnabelweid haben mag.

Von diesem Orth ist vns nachfolgender Bericht ferrner zu kommen / so wir anhero zusetzen / vor eine Notturfft ermessen:

Albertus oder Adebertus, vnd Ockarius, Gebrüder / vnd Haterici, deß Hertzogen in Bäyern / auß seiner Ehegemahl / einer Hertzogin von Burgund / erbohrne zween Söhne / wären die erste Stiffter vnd Vrheber deß Closters Tegersee / darzu der hochschmertzliche frühzeitige Abgang / vnd Todt deß Ockarij Sohns / (welcher sich an deß Königs Pipini in Franckreich Hoff befande) Vrsach gabe / daß er Ockarius, vnnd sein Bruder Albrecht die Vnbeständigkeit der Welt zu betrachten / vnd in einem Clösterlichen Leben vnnd Wandel GOtt zu dienen / auch zu solchem Ende / an einem einsamen / abgelegen Orth / an dem Tegernsee ein Closter zu bawen / sich entschlossen hatten. Reyseten also fort nach Rom / ohne Zweiffel hierzu den Päpstl. Consens / vnd etliche ansehenliche Reliquias, in das newe Closter zuerwerben / eben dazumahl / als Papst Zacharias von den Saracenis hart bedrangt / vnnd die Statt Rom vor wenig Tagen außgeraubt warde / beyde Fürsten aber ihren Valor zu erzeigen / vnnd deß Papsts / auch Römischen Volcks Favor zuerlangen / animierten das Römische Kriegsvolck / setzten den Barbaren nach / vnd erlangten von ihnen / als sie eben an dem Vfer deß Meers den Raub theileten / ein herrliche Victori, sampt allem abgenommenem Raub. Von welchem zwar Ihr Päpstl. Heyl. das beste / beyden Fürsten angebotten / von ihnen aber nicht angenommen / sonder der vnverwesenen Cörper eines zu selben Zeiten durch Wunderthaten hochberühmbten heyligen Quirini genandt / so deß Philippi ersten Christlichen Käysers Sohn / vnd vnder dem Keyser Claudio vor 482. Jaren gemartet / enthaupt / vnnd in die Tyber geworffen ware / eyfferig begehrt / auch endlich / wiewol vngern / vnd mit Widerwillen deß Römischen Volcks erlangt: in Teutschland transferiret / vnd biß zu völliger Erbawung deß Closters / in der nahet alldort noch stehenden S. Quirins Capellen depositieret worden / allda vnd auff dem gantzen Weg etliche Wunderthaten der Allmächtige durch diesen heiligen Leib erscheinen lassen. Nach Consecration deß Closters vnnd Gottshauß / so durch Erimbertum, Bischoffen zu Freysing / vmbs Jahr 750. geschehen / haben obgedachte beyde Gebrüder / sampt etliche ihren Officirern der Welt valediciret, vnd den Clösterlichen Habit vnder der Regul S. Benedicti zu profitiren angefangen. Welches Convent in kurtzer Zeit: Das Closter aber mit solchen Renten / Zierten vnd Privilegijs also zugenommen / daß vber 150. Religiosi darinnen vnterhalten / vnd zu einem Abbt vnd Vorsteher auß beyden obgedachten Fundatorn Albertus, einhellig erwöhlet worden / in welcher Dignität er dann nach vielen Jahren / sampt seinem Bruder Ockario, selig in GOtt entschlaffen / in dem von ihnen fundirten Closter begraben warde. Neben diesem / vnd obgedachtem Heil. Quirino, auch die Leiber der H. Chyrsogoni vnd Castorii ruhen / vnd warde gedachtes Closter mittler Zeit zu einer grossen Herrlichkeit erwachsen / dem Römischen Reich nit allein immediatè, als ein ReichStande vnterworffen / mit ansehenlichen Herrlichkeiten / vnd Freyheiten begabet / mit Gräben / Gebäwe vnd Fürstlichen Residentz versehen / sonder die Praelaten dieses Gottshauses / wurden für Fürsten gehalten / vnd von etlichen Römischen Keysern / vermög noch vorhandenen Käyserl. Original Schreiben / also intituliret / von Adelichen Personen / wie bey andern Fürstlichen Höfen oder Stifftern / die Erb- vnd andere Aempter bedienet / massen dann das Marschalck Ampt Anno. 1286. dem Wicknando von Irnspurg oder Eurenspurg / Ottoni seinem Sohn vnd Nachkömmling verliehen worden / das CammerAmpt bedienten An. 1273. die von Wargaw / anjetzo die von Pientzenaw / das Truchsessen Ampt besassen die von Hohenrain / hernach die von Tirndel / anjetzt die von Hohenkirchen. Das Vorschneider Ampt / die von Egling / hernach hat es Johan Sundersdorffer erlangt / vnd wurde solches Closter zweiffels ohne noch bey jetzt gedachtem Splendor vnnd Hochheit allerdings verblieben seyn / da es nicht vor etlich

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Matthäus Merian: Topographia Bavariae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1644, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Bavariae_(Merian)_235.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2019)