Seite:Topographia Circuli Burgundici (Merian) 224.jpg

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geweyhet worden. Den Thurn daran / so sehr hoch und künstlich / hat man Anno 1566. von Grund auff erbauet; welches wol ein grosses Gelt muß gestanden haben; weiln / wie oben gesagt / nit allein der Burger Häuser / (deren viel wie Fürstliche Palläst erbauet /) sondern auch die Kirchen / und andere offentliche Gebäu / ins gemein auff Pfählen / so tieff in die Erden gehen / gesetzt seyn. Es seyn in solchem Thurn / ausser der grössern Glocken und Uhren / so von aussen umb und umb können gesehen werden / viel kleine Glöcklein oder Schellen / welche alle Stunden lieblich musiciren / und mit Lust gehöret werden. Es ist auch in diesem Theil / am Ende der Krautgassen / gegen Mitternacht / S. Olai Kirchlein / und dabey eine Capell / auff Art deß Tempels zu Jerusalem / mit dem Grab Christi gebauet. Item S. Peters Kirch / 3. Manns- und 13. Frauen-Clöster / die aber jetzt zu anderm Gebrauch angewendet werden. Auff der Neuen Seyten ist ein sehr schöne Pfarrkirch / so man unter die fürnehmste in Europa zehlet / und daran man fast hundert Jahr gebauet hat. Ward der H. Jungfrauen Mariae / und S. Catharinen zu Ehren geweyhet. Jetzt wird sie die Neue oder Nieuwe Kerck genannt. In dem Tomo  5. Theatri Europaei, stehet / f. 669. b. daß Anno 1645. in solcher neuen Kirchen ein unversehener Brand außkommen / davon jehlings alles innwendige Holtzwerck / Balcken / und das gantze Dach gäntzlich verbronnen; wie inngleichem der Predigstul / Orgel / der Herren-Sitz / ruinirt worden seye. So ist auch da die Kirch / de heiliger Stet, oder heilige Stadt genannt / so viel kleiner als die Obere / aber künstlich gebauet / und sehr hell. Ferners ist da S. Jacobs Kirch; Item 4. Nonnen-Klöster / auß denen das zu S. Lucia zum Wäisen- oder Fündel-Hauß / oder Het-Weshuys, (deren bißweilen bey 500. auff welche jährlich bey die 60. tausendt Gulden gehen sollen /) und das zu S. Clara zum Zuchthauß der Männer / Anno 1595. geordnet worden / wird ins gemein het Tuchthuys; gleich wie das Zuchthauß für die Weibspersonen auff der alten Seyten / het Spinnhuys genannt / daselbst vorzeiten zwey Frauen Clöster gewest seyn. Besagtes Männer Zuchthauß hat innwendig einen grossen gevierdten Hoff / unten und oben herumb seyn Cellen / und Kammeren. Im Hoff stehet auff einer steinern Säul ein Bild / das in der rechten Hand ein Geissel / in der lincken aber zwey Fessel von Eisen hat. Vor solcher Säulen züchtiget man die Gesellen. Es ist da ein starcker langer Block / so fornen erhöcht / und also gemacht / daß man den Kopff und halben Leib durchstecken / und so dann zumachen kan. Vornen werden dem / so man geißlen will / die Hände angebunden. Nechst an diesem Raspelhuys, oder Zuchthauß / ist noch eines / aber kleiner / auch mit einem viereckichten Hoff / darinn umb und umb kleine Kämmerlein seynd / und in jedem ein Bett / und Tischlein. Die jenige / so dahin kommen / dörffen nicht arbeiten / wie andere / sondern man zahlt die Kost für sie / als die gemeinlich vornehmer Leuth Kinder seynd. Es stehet über dem gedachtem Zuchthauß: Virtutis est domare, quae cuncti pavent. Und thun allda die zween Heilige Ponus, und Raspinus, grosse Wunderwerck / wie davon ein eignes Buch außgangen. Es hat allhie ferners auch ein grosses Spital für die Arme: Item ein Hauß für die alte erlebte Leuth / so nichts mehr gewinnen können / Manns- und Weibspersonen / so ein schöner Pallast Het Mannen-Huys genannt / sampt zween Gärten: Item ein Kranckenhauß für Frembde / so sie Het Gast Huys nennen: Item eins für die Unsinnige / Dolhuys genannt. Uber diese Gotteshäuser ist ein absonderlicher Pallast / oder Hoff / Sint loris Hoff / oder Aula D. Georgii, genannt: Darinn alte Eheleuth / umb ein geringes Gelt / auff einmal ihnen Pfründen / auff ihr Lebenlang erkauffen / und daher ein unterschied zwischen dem Obern Mannen-huys, und diesem ist / weiln man in jenem nichts geben darff. In diesem nun bekommen die Pfründer / ausser deß Sontags / alle Wochen dreymal Fleisch / und dreymal Fisch / essen beysammen in einem grossen Zimmer / wohnen aber jedes paar

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Circuli Burgundici. Matthaei Meriani Seel: Erben, Frankfurt am Mayn 1665, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Circuli_Burgundici_(Merian)_224.jpg&oldid=- (Version vom 22.1.2024)