Seite:Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern 095.jpg

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Mensch stirbt, aber der rückständige Leib bleibt doch so lange noch ein Leib, biß er durch die Fäulniß in seine ersten Elementa, woraus er zusammen gesetzt ist, resolvirt worden: welches wir mit dem Theod. Craanen[1] gar füglich den Tod des Leibes nennen können.


§. 3.

Nun fragt sichs, ob nicht solchergestalt der Leib, nach Abscheidung der Seele, von der Verwesung eine Zeitlang befreyt bleiben könne? Wenn wir denen Papisten erlauben sollen, darauff zu antworten, so werden sie diese Frage ohne Zweiffel mit Ja beantworten, und zwar mit Verwerffung aller Ursachen, die die Natur-Kündiger nur auf einige Weise aus der Natur herhohlen können. Denn es ist bekannt, daß sie die Unverweßlichkeit der Cörper vor ein Wunderwerck halten, dadurch sie die Wahrheit ihres Glaubens und Religion zu bekräfftigen suchen. Denn sie halten dafür, daß die Leiber der Heiligen durch Krafft aus der Höhe unverweset bleiben. Es hat dieses bey ihnen Anlaß zu so einer grossen Menge Heiligen gegeben, daß zu Begehung des Gedächtnisses derselben kaum eine Zeit von tausend Jahren zureichen würde, wenn gleich auff ieden Tag mehr denn einem sein bestimmtes Opffer gebracht würde. Denn so offte sie einen menschlichen Cörper noch gantz und unverweset finden, so offte glauben sie auch einen unbekannten Heiligen gefunden zu haben.


  1. in Opp. Med. Tom. I. p. 2.