Seite:Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern 130.jpg

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der vor einen Auswurff des Leibes, noch auch vor Theile desselben hält und ausgiebt. Er hält Bart und Haare vor ein besonderes Vegetabile, welches mit dem Mooß und gewissen Kräutern, die auff den Bäumen wachsen, z. E. Engelfüß etc. zu vergleichen sey. Wie nun solcher Mooß oder Kräuter ein besonderes und von dem Baume gantz unterschiedenes Wachsthum und Leben haben, ob sie gleich aus dem lebendigen Baume selbst ihre Nahrung empfangen: also sey es auch mit den Haaren, Bart und Nägeln beschaffen. Der Unterschied des Wachsthums und Lebens zwischen solchem Mooß und Kräutern und dem Baume, darauff es wächset, erhellet unter andern daraus, daß jenes auch noch wächset, und frisch ist, wenn gleich der Baum verdorret, so lange nemlich dasselbe aus solchem erstorbenen Baume oder anders woher noch ein mit seiner Natur übereinstimmendes Nutriment haben kan. Und so ist es auch mit den Haaren und Bart beschaffen, so ferne sie aus dem Leibe, er mag nun lebend oder todt seyn, ein convenientes Nutriment erlangen; sie haben ihr besonders Leben und wachsen zu ihrer gehörigen Grösse; Daß aber dieses Leben mit denen übrigen Theilen keine Gemeinschafft habe, erkennet man daraus, daß der Tod denen Haaren mit denen andern Theilen des Leibes nicht gemein ist. Denn nach Auffgebung der Seele sterben zwar alle Theile des Leibes, die von einer Seele belebt worden, aber nicht die Haare, als von