verstorbene Plogojowitz sey zu den Leuten im Schlaff gekommen, habe sich auff ihre Leiber gelegt und sie so gewürget, daß sie darüber sterben müssen; ingleichen wenn ferner erzehlt wird, es habe dessen hinterlassenes Weib ausgesagt, daß ihr verstorbener Mann zu ihr gekommen und seine Schuhe gefodert hätte, und was dergleichen mehr ist.
Hieraus schliessen wir, daß das Phænomenon derer so genannten schmatzenden Todten folgender gestalt seinen Ursprung genommen. Es hat nehmlich sich einsmahls zugetragen, daß die Pest an einem gewissen Orte viel Menschen weggerissen. Da nun das Graßiren dieser Seuche insgemein durch der Menschen Einbildung fortgepflantzet wird, wie wir unten zeigen wollen, hat es leichte geschehen können, daß die Leute bey ängstlichen Nächten und schweren Schlaffe mit vielen Todten-Bildern also umgetrieben worden, daß sie darüber gleichsam in eine Wahnsinnigkeit gefallen und endlich an der Pest gestorben sind. Wie nun in der Magie und bey allen verborgenen Würckungen der Cörper die starcke Einbildung insgemein das meiste thut: also hat sichs vielleicht auch zugetragen, daß die Hinterlassenen eines, auff solche Art verstorbenen Mannes nach dessen Tode von ihm allerhand Vorstellungen, Erscheinungen und Bilder bekommen, durch welche der Verstorbene so hefftig in sie gewürcket, daß sie endlich an
Michael Ranft: Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Leipzig 1734, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tractat_von_dem_Kauen_und_Schmatzen_der_Todten_in_Gr%C3%A4bern_150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)