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Lesley.
     (Fühlt sich ironisch ängstlich den Kopf.)
Du machst mich bang; O schweige lieber still!

Ratcliff.
Glaub’ nicht ich sey ein weicher Mondscheinheld,
Ein Bilderjäger, der vom eignen Windhund,
Von Phantasie, durch Nacht und Höll’ gehetzt wird,

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Ein magenkrank schwindsüchtelnder Poet,

Der mit den Sternen Unzucht treibt, der Leibschmerz
Vor Rührung kriegt, wenn Nachtigallen trillern,
Der sich aus Seufzern eine Leiter baut,
Und mit dem seidnen Strick verschlungner Reime

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Sich aufhängt an der Säule seines Ruhms.


Lesley.
Das könnt’ ich selbst im Nothfall wohl beschwören.

Ratcliff.
Und doch gesteh’ ich – spaßhaft mag’s dir klingen –
Es giebt entsetzlich seltsame Gewalten,
Die mich beherrschen; dunkle Mächte giebt’s,

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Die meinen Willen lenken, die mich treiben
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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_028.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)