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In mir die wilde Sehnsucht nach Marien.

In England ward’s mir oft zu eng; nach Schottland
Zog’s mich mit unsichtbaren Eisenarmen.
Nur in Mariens Nähe schlaf’ ich ruhig,
Und athm’ ich frey, und ist mir nicht so ängstlich,

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Und ist mir wohl – denn höre mein Geheimniß:

     Geschworen hab’ ich bey dem Wort des Herrn,
Und bey der Macht des Himmels und der Hölle,
Und hab’ mit grausem Fluch den Schwur besiegelt, –
„Von dieser Hand soll fallen der Vermess’ne,

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Der’s wagt Marien bräutlich zu umfangen.“

Die Stimm’ in meiner Brust sprach diesen Schwur,
Und blindlings dien’ ich jener dunkeln Macht,
Die mit mir kämpft, wenn ich Mariens Freyern
Am Schwarzenstein ein Rosenbett bereite.

Lesley.

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Jetzt erst versteh’ ich dich; doch billg’ ich nichts.


Ratcliff.
Billg’ ich’s denn selbst? Nur jene Stimme hier,
Die fremde Stimm’, die sich hier eingenistet,
Sagt: ja; nur jene Bilder nicken Beifall,

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_034.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)