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Dort wohnt die schöne, liebliche Zuleima; –

     (Sinnet, zeigt endlich auf seine Brust.)
Wir passen doch, – hier wohnt Zuleima auch.
Zuleimas Seel’ wohnt hier im engen Hause,
Hier in den purpurrothen Kammern sitzt sie,
Und spielt mit meinem Herzen Ball, und klimpert

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Auf meiner Wehmuth zarten Harfensaiten,

Und ihre Dienerschaft sind meine Seufzer, –
Und wachsam steht auch meine düstre Laune,
Als schwarzer Frauenhüther, vor der Pforte.
     (Zeigt nach dem Schlosse.)
Doch was dort oben, in dem hellen Saal,

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Prachtvoll geschmückt und prangend stolz einhergeht,

Und mit dem Lockenhaupte freundlich zunickt
Dem seidnen Buben, der sich zierlich krümmt, –
Das dort ist nur Zuleimas kalter Schatten,
Nur eine Drahtfigur, der man ein Glasaug’

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Im Wachsgesichte künstlich eingefugt,

Und die, durch aufgedrehter Federn Kraft,
Den leeren Busen wechselnd hebt und senkt.
     (Trompetentusch)

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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_165.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)