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Zuleima.
Und kennst du nicht dies heilge Bild, Almansor?
Hast du es nie geschaut in sel’gen Träumen?
Trafst du es wachend nie auf deinen Wegen?
Besinn’ dich wohl, du mein verlor’ner Bruder!

Almansor.

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Wohl traf ich schon auf meinem Weg dies Bildniß,

Am Tage meiner Rückkehr in Hispanien.
Links an der Straße, die nach Xeres führt,
Steht prangend eine herrliche Moschee.
Doch wo der Thürmer einst vom Thurme rief:

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„Es giebt nur einen Gott, und Mahomet

Ist sein Prophet!“ da klung jetzund herab
Ein dröhnend dumpfes, schweres Glockenläuten.
Schon an der Pforte goß sich mir entgegen
Ein dunkler Strom gewalt’ger Orgeltöne,

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Die hochaufrauschten und wie schwarzer Sud,

Im glühnden Zauberkessel, qualmig quollen.
Und wie mit langen Armen, zogen mich
Die Riesentöne in das Haus hinein,
Und wanden sich um meine Brust, wie Schlangen,

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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_195.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)