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vorgekommen sind und die empörende Praxis der Militärgerichte, nicht, daß ein höherer Grad den Offizier aus der Sphäre der Soldaten heraushob und einen Verwaltungsbeamten aus ihm machte: der Sinn des staatlichen Krieges selbst wird von uns verneint. Und käme der edelste, der reinste, der tapferste Mann und forderte uns auf, für die Rohstoffabteilung seines Ministeriums in den Tod zu gehen: wir schüttelten das Haupt und ließen ihn seinen Krieg allein machen.

Solche Sätze müssen gesprochen werden, dreimal am Tage. Ich kenne alle diese vorsichtigen Pazifisten, den Führer des Reichsbanners, diesen unsäglichen „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ oder wie das Monstrum heißt, wo sich geprügelte Deutsche an prügelnde Deutsche anmeiern: Seht uns an! auch wir sind imstande, die Peitsche zu führen! auch wir wollen Reklamedenkmäler für den nächsten Krieg, Weihegesang und Lüge um die Toten. Und es nützt ihnen nicht einmal. Mit Recht dreht sich der Monokelträger um, läßt das Monokel fallen und feixt. Verachtet und die Aufrechten verachtend, zieht so etwas vom Empfang beim Reichspräsidenten wieder nach Hause: Auch wir sind eine nationale Organisation …! Arme Luder.

Unser Leben gehört uns. Ob wir feige sind oder nicht, ob wir es hingeben wollen oder nicht –: das ist unsre Sache und nur unsre. Kein Staat, keine nationale Telegraphenagentur hat das Recht, über das Leben derer zu verfügen, die sich nicht freiwillig darbieten. Und so gewiß der nächste Nationalkrieg unter den Farben Schwarz-Rot-Gold geführt werden wird, so gewiß diese mannhaften Republikaner aufstehen werden wie ein Waschweib, die Belange des Staats der andern zu schützen: so nötig ist es, den Antimilitarismus rein zu halten von Kompromißlern. Deine Rede sei Ja – Ja oder Nein – Nein; was darüber ist, gehört in den Verlag Eugen Diederichs.

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Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_087.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)