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Fünf Sinne hat mir Gott, der Herr, verliehen, mit denen ich mich zurechtfinden darf hienieden:

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Gesicht, Gehör, Geschmack, Geruch, Gefühl.

Fünf Sinne für die Unermeßlichkeit aller Erscheinungen.
Unvollkommen ist diese Welt, unvollkommen ihre Beleuchtung.
Bei dem einen blakt die eine Laterne, bei dem andern die andere.
Sieht ein Maulwurf? Hört ein Dackel? Schmeckt ein Sachse? Riecht eine Schlange? Fühlt ein preußischer Richter?

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Gebt Licht, Laternen!

Stolpernd sucht mein Fuß den Weg, es blitzen die Laternen.
Mit allen fünf Sinnen nehme ich auf, sie können nichts dafür: meist ist es
 Schmerz.



 In Weißensee

Da, wo Chamottefabriken stehn
 – Motorgebrumm –
da kannst du einen Friedhof sehn,
 mit Mauern drum.

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Jedweder hat hier seine Welt:

 ein Feld.
Und so ein Feld heißt irgendwie:
 O oder I …
     Sie kamen hierher aus den Betten,

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     aus Kellern, Wagen und Toiletten,

 und manche aus der Charité
 nach Weißensee,
 nach Weißensee.


Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Ernst Rowohlt, Berlin 1928, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_348.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)