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Nun ist bekannt, dass im Jahre 1565 Markgraf Karl II. von Baden seine Residenz von Pforzheim nach Durlach verlegte und dort in deutschem Renaissance-Stil die stattliche Karlsburg baute, von welcher, nachdem sie 1689 von den Franzosen zerstört und 1698 nur teilweise in anderer Art wieder errichtet wurde, doch noch jetzt hinter dem jetzigen Gasthofe zur Karlsburg sehenswerte Reste, zwei Wendeltreppentürme, Erkerbauten, Fenster- und Thürkonstruktionen, erhalten sind. Mit diesem Bau scheint der Fürst den Turm der nahen Burgruine insofern in Zusammenhang gebracht zu haben, als er an denselben eine, wahrscheinlich mit einem Ziegeldach gedeckte, hochgestellte Plattform anfügte, welche zur Aufstellung von Allarmkanonen[1] dienen sollte; damit war seine neue Bedeutung als Wartturm endgiltig bestimmt. Zum genannten Zweck war vor allem ein bequemerer Aufgang zum Turm von aussen erforderlich und hiezu diente fortan der dem letzteren angebaute Treppenturm C. Seine Wendeltreppe zeigt nicht nur dieselbe Konstruktion wie die noch von der Karlsburg vorhandenen, sondern auch im ganzen dieselben, dem Ende des 16. Jahrhunderts angehörigen Steinmetzenzeichen (s. Taf. VII, No. 1–5 im Vergleich mit 7), er ist also zur selben Zeit wie die Karlsburg erbaut und führte fortan in das obere Stockwerk des Turms. Auf diesem wurde darauf durch die nordwestliche dicke Turmwand ein Thor hinausgeschlagen, an dessen Gewände noch jetzt ein gleiches Steinmetzenzeichen (Taf. VII, 6) sichtbar ist. Das Thor führte, wie auch neuestens wieder, da die Plattform als Boden für eine camera obscura wieder hergestellt ist, auf diese hinaus, denn unmittelbar unter dem Thor ist in die Mauerwand eine Fuge ausgearbeitet zur Auflagerung der Balken, deren anderes Ende auf der grossen, 13 m hohen, steinernen Pfeilermauer aufruhen sollte, welche demnach auch erst in dieser späteren Zeit entstanden ist. Ihre innere, dem Turm zugewendete Wand steigt senkrecht in die Höhe, die äussere ist nach oben etwas einwärts geneigt, was sich aus ihrem Zwecke als Stütze für die auf ihr liegende Plattform wohl erklären lässt.

Mit diesem letzten noch stehenden Teile der Ruine ist demnach sicherer geschichtlicher Boden erreicht und es bleibt nun noch die Frage nach früheren historischen Zeugnissen übrig. Wer hat die Burg erbaut? Wem hat sie im Laufe der Zeiten gehört, wie ward sie genannt?

Zunächst drängt sich der Name Durlach auf, denn die Ruine liegt auf Durlacher Gemarkung, wenn sie auch an die von Grötzingen angrenzt und ungefähr gleich weit von beiden Orten entfernt ist. Derselbe ist nach neuerem Forschungsergebnis deutsch, nicht keltisch, somit ist die mit ihm bezeichnete ursprüngliche Niederlassung nicht eine keltische und auch nicht eine römische, sondern eine deutsche und fällt in verhältnismässig spätere Zeit. Sicher geschichtlich bezeugt ist der Name Durla, Durlahe, Durlach, Turlach, Türlac, erst mit dem Anfang des 13. Jahrhunderts;[2] in der Mitte desselben erscheint die Stadt als eine befestigte, wie denn die im 17. Jahrhundert noch bestehende Befestigung mit Mauern, Türmen, Wall und Graben selbst aus dem jetzigen Stadtplan noch ersichtlich ist. Sie befindet sich, wie es scheint seit


  1. Fecht teilt mit, dass man nicht allzulange nachher, unter Markgraf Georg Friedrich 1604, die Tragweite der auf der Plattform stehenden Geschütze hinsichtlich des Schalls prüfen liess. Es stellte sich heraus, dass der Schuss in der Ebene bis über den sogenannten Landhag an der Speierer und Pfälzer Grenze, im Gebirg aber nicht bis Langensteinbach hörbar war.
  2. Siehe z. B. Rich. Fester, Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg 1050–1515, Innsbruck, 1892, S. 27, No. 328, S. 28, No. 343, S. 37, No. 425, aus den Jahren 1234 und 1255.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Wagner: Die Turmberg-Ruine bei Durlach. G. Braunsche Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1895, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Turmberg-Ruine_(Wagner).pdf/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)