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Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815)

Des Dichters Abendgang.


Ergehst du dich im Abendlicht, –
Das ist die Zeit der Dichterwonne –
So wende stets dein Angesicht
Zum Glanze der gesunknen Sonne!

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In hoher Feier schwebt dein Geist,

Du schauest in des Tempels Hallen,
Wo alles Heil’ge sich erschleußt
Und himmlische Gebilde wallen.

Wann aber um das Heiligthum

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Die dunkeln Wolken niederrollen:

Dann ist’s vollbracht, du kehrest um,
Beseligt von dem Wundervollen.
In stiller Rührung wirst du gehn,
Du trägst in dir des Liedes Segen;

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Das Lichte, das du dort gesehn,

Umglänzt dich mild auf finstern Wegen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 009. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0009.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)