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Entschluß.


Sie kommt in diese stillen Gründe,
Ich wag’ es heut mit kühnem Muth.
Was soll ich beben vor dem Kinde,
Das Niemand was zu Leide thut?

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Es grüssen Alle sie so gerne,

Ich geh’ vorbei und wag’ es nicht;
Und zu dem allerschönsten Sterne
Erheb’ ich nie mein Angesicht.

Die Blumen, die nach ihr sich beugen,

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Die Vögel mit dem Lustgesang,

Sie dürfen Liebe ihr bezeugen:
Warum ist mir allein so bang?

Dem Himmel hab’ ich oft geklaget
In langen Nächten bitterlich:

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Und habe nie vor ihr gewaget

Das Eine Wort: ich liebe dich!

Ich will mich lagern unter’m Baume,
Da wandelt täglich sie vorbei;
Dann will ich reden als im Traume,

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Wie sie mein süßes Leben sey.


Ich will – o wehe! welches Schrecken!
Sie kommt heran, sie wird mich sehn;
Ich will mich in den Busch verstecken,
Da seh’ ich sie vorübergehn.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0036.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)