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Glossen.


1. Der Recensent.


Süsse Liebe denkt in Tönen,
Denn Gedanken stehn zu fern;
Nur in Tönen mag sie gern
Alles, was sie will, verschönen.

Tieck.



Schönste! du hast mir befohlen,
Dieses Thema zu glossiren;
Doch ich sag’ es unverhohlen:
Dieses heißt die Zeit verlieren,

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Und ich sitze wie auf Kohlen.

Liebtet ihr nicht, stolze Schönen!
Selbst die Logik zu verhöhnen,
Würd’ ich zu beweisen wagen,
Daß es Unsinn ist, zu sagen:

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Süsse Liebe denkt in Tönen.


Zwar versteh’ ich wohl das Schema
Dieser abgeschmackten Glossen,
Aber solch verzwicktes Thema,
Solche räthselhafte Possen

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Sind ein gordisches Problema.

Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!
Diese Freude gar zu gern.
Hoffnunglos reib’ ich die Hände,
Nimmer bring’ ich es zu Ende,

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Denn Gedanken stehn zu fern.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)