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2. Der Romantiker und der Recensent.


Mondbeglänzte Zaubernacht,
Die den Sinn gefangen hält,
Wundervolle Mährchenwelt,
Steig auf in der alten Pracht!

Tieck.


Romantiker.

Finster ist die Nacht und bange,
Nirgends eines Sternleins Funkel!
Dennoch in verliebtem Drange
Wandl’ ich durch das grause Dunkel

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Mit Gesang und Lautenklange.

Wenn Kamilla nun erwacht
Und das Lämpchen freundlich facht,
Dann erblick’ ich, der Entzückte,
Plötzlich eine sterngeschmückte,

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Mondbeglänzte Zaubernacht.


Recensent.

Laß Er doch sein nächtlich Johlen,
Poetaster Helikanus!
Was Er singt, ist nur gestohlen
Aus dem Kaiser Oktavianus,

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Der bei mir nicht sehr empfohlen,

Den ich der gelehrten Welt
Von den Alpen bis zum Belt
Preisgab als ein Werk der Rotte,
Die den Unsinn hub zum Gotte,

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Die den Sinn gefangen hält.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0125.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)