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Manch heiße Schlacht zur See und am Gestad,
Auch manchesmal im Süden oder Osten
Auf blüh’ndem Strand zusammen ausgeruht;
Jetzt ruhten sie daheim auf ihren Burgen,
In gleiche Trauer Beide tief versenkt,
Denn Jeder hatt’ ein treues Ehgemahl
Unlängst begleitet nach der Ahnengruft.
Doch sproßt’ auch Jedem aus dem düstern Gram
Ein süßes, ahnungsvolles Glück herauf:
Dem Einen blüht’ ein muntrer Sohn,
Der Andre pflegt’ ein liebes Töchterlein.
Um ihren alten Freundschaftsbund zu krönen
Und daurendes Gedächtniß ihm zu stiften,
Beschlossen sie, die theuern Sprößlinge
Dereinst durch heil’ge Bande zu verknüpfen.
Zween goldne Ringe ließen sie bereiten,
Die man, den zarten Fingern noch zu weit,
An bunten Bändern um die Hälschen hing.
Ein Sapphir, wie des Mägdleins Auge blau,
War in des jungen Grafen Ring gefügt,
Im andern glüht’ ein rosenrother Stein,
Recht wie des Knaben frisches Wangenblut.

Richard.

Ein rosenrother Stein im goldnen Reif,
Das war des Mädchens Schmuck? verstand ich’s wohl?

Balder.

Ja! wie du sagst, doch kömmt’s darauf nicht an.
Schon wuchs der Knabe hoch und schlank herauf,
In Waffenspielen ward er früh geübt,
Schon tummelt’ er ein kleines, schmuckes Roß.
Nicht soll er, wie der Vater, einst das Meer

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)