Seite:UhlandGedichte1815 0148.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Viel lieber übt’ er sich im Schwimmen, Tauchen,
Am Ruder prüft’ er gerne seinen Arm.
Als er zum kräft’gen Jüngling nun erstarkt,
Da heischt er Schiffe von dem Vater.
Nichts hat das feste Land, was er begehrt,
Kein Fräulein auf den Burgen reizet ihn,
Dem wilden Meere scheint er anverlobt,
Darein das Mägdlein und der Ring versank.
Auch rüstet er sein Hauptschiff seltsam aus
Mit Purpurwimpeln, goldnem Bilderschmuck,
Wie Einer, der die Braut meerüber holt.

Richard.

Fast wie das deine drunten in der Bucht,
Nicht wahr, mein wackrer Seemann?

Balder.

 Wenn du willst.
Mit jenem reichgeschmückten Hochzeitschiff
Hat er in manchem grausen Sturm geschwankt.
Wenn so zu Donnerschlag und Sturmgebraus
Die Wogen tanzen, feiner Hochzeittanz!
Manch blut’ge Seeschlacht hat er durchgekämpft
Und ist davon im Norden wohl bekannt,
Mit sondrem Namen ward er dort belegt:
Springt er hinüber, mit geschwungnem Schwerdt,
Auf ein geentert Schiff, dann schreit das Volk:
„Weh uns! vertilg uns nicht, Meerbräutigam!“ –
Das ist mein Mährchen.

Richard.

 Habe Dank dafür!
Es hat mir recht mein altes Herz bewegt.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0148.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)