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Entsagung.


Wer entwandelt durch den Garten
Bei der Sterne bleichem Schein?
Hat er Süßes zu erwarten?
Wird die Nacht ihm selig seyn?

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Ach! der Harfner ist’s, er sinkt

Nieder an des Thurmes Fuße,
Wo es spät herunterblinkt,
Und beginnt zum Saitengruße:

„Lausche, Jungfrau, aus der Höhe

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Einem Liede, dir geweiht!

Daß ein Traum dich lind umwehe
Aus der Kindheit Rosenzeit.
Mit der Abendglocke Klang
Kam ich, will vor Tage gehen,

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Und das Schloß dem ich entsprang,

Nicht im Sonnenstrale sehen.

Von dem kerzenhellen Saale,
Wo du throntest, blieb ich fern,
Wo um dich bei’m reichen Mahle

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Freudig saßen edle Herrn.

Mit der Freude nur vertraut,
Hätten Frohes sie begehret,
Nicht der Liebe Klagelaut,
Nicht der Kindheit Recht geehret.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0155.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)