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Bange Dämmerung entweiche!

Düstre Bäume, glänzet neu!
Daß ich in dem Zauberreiche
Meiner Kindheit selig sey.
Sinken will ich in den Klee,

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Bis das Kind mit leichtem Schritte

Wandle her, die schöne Fee,
Und mit Blumen mich beschütte.

Ja! die Zeit ist hingeflogen,
Die Erinnrung weichet nie;

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Als ein lichter Regenbogen

Steht auf trüben Wolken sie.
Schauen flieht mein süßer Schmerz,
Daß nicht die Erinnrung schwinde.
Sage das nur, ob dein Herz

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Noch der Kindheit Lust empfinde?“


Und es schwieg der Sohn der Lieder,
Der am Fuß des Thurmes saß;
Und vom Fenster klang es nieder,
Und es glänzt’ im dunkeln Gras.

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„Nimm den Ring, und denke mein,

Denk an unsrer Kindheit Schöne!
Nimm ihn hin! ein Edelstein
Glänzt darauf und eine Thräne.“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)