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Der Leitstern.


Der ausfuhr nach dem Morgenlande,
Des fremden Schiffes leichte Last,
Schon führt er zu der Heimath Strande,
Von Golde schwer, den eignen Mast.

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Er hat so oft nach keinem Sterne,

Wie nach dem Liebesstern, geschaut.
Der lenkt’ ihn glücklich aus der Ferne
Zur Vaterstadt der theuren Braut.

Noch hat er nicht das Ziel gefunden,

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Obschon er in die Thore trat;

Wie mag er gleich die Braut erkunden
Im Labyrinth der großen Stadt?

Wie mag sein Auge sie erlauschen?
Der Blick ist überall verbaut.

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Wie mag er durch der Märkte Rauschen

Vernehmen ihrer Stimme Laut?

Dort ist ein Fenster zugefallen,
Vielleicht hat sie herausgeschaut;
Hier dieses Schleiers eilig Wallen,

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Verbirgt es nicht die theure Braut?
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0213.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)