Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815) | |
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Unter einem Lorbeerbaume
Der im lieblichsten der Mädchen
Seinen Engel gleich erkannte.
Rauschten nicht des Lorbeers Zweige,
Von der Frühlingsluft erschüttert?
Von der Liebe Hauch durchzittert?
Ja! ihm ist in jener Stunde
Des Gesanges Quell entsprungen;
In Sonetten, in Kanzonen
Als, zur Jungfrau hold erwachsen,
Jene wieder ihm begegnet,
Steht auch seine Dichtung schon
Wie ein Baum, der Blüthen regnet.
Zogen dichte Schaaren wieder,
Aber langsam, trauervoll,
Bei dem Klange dumpfer Lieder.
Unter jenem schwarzen Tuch,
Trägt man Beatricen hin,
Die der Tod so früh gepflücket.
Dante saß in seiner Kammer,
Einsam, still, im Abendlichte,
Und verhüllte sein Gesichte.
In der Wälder tiefste Schatten
Stieg der edle Sänger nieder,
Gleich den fernen Todtenglocken
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0250.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)