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Die drei Schlösser.


Drei Schlösser sind in meinem Gaue,
Die ich mit Liebe stets beschaue;
Und ich, der wohlbestellte Sänger,
Durch Feld und Wald der rasche Gänger,

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Wie sollt’ ich schweigen von den Dreien,

Die sich dem Gau zum Schmucke reihen?

Das erst’ ist kaum ein Schloß zu nennen,
An wenig Trümmern zu erkennen,
Versunken dort am Waldeshange,

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Sein Name selbst verschollen lange,

Denn seit nicht mehr die Thürme ragen,
Verging nach ihm der Wandrer Fragen.
Doch schreckt dich nicht durch Waldes Dichte
Der Zweige Schlagen in’s Gesichte:

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Dort, wo des Beiles Schläge fallen,

Einsame Waldhornklänge hallen,
Dort kannst du Wundermähr’ erfragen
Von Mauern, welche nicht mehr ragen.
Ja! setzest du im Mondenscheine

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Dich auf’s verfallene Gesteine:

So wird die Kund’, auch unerbeten,
Dir vor die stille Seele treten.

Das zweite meines Dreivereines,
Es scheint ein Schloß, doch ist es keines.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0260.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)