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Das hohe Denkmal schaun verwundert
Und jenes Schloß auf Berges Rücken
Verklärt im Sonnenstral erblicken.

Dann zwischen beiden in der Mitte,

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Ein lustig Schlößlein, stellt das dritte;

Nicht stolz auf Berges Gipfel oben,
Doch auf dem Hügel, sanft gehoben;
Nicht in des Waldes finstern Räumen,
Doch unter frischen Blüthenbäumen;

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Mit blanken Mauern, rothen Ziegeln,

Mit Fenstern, die wie Sonnen spiegeln.
Es ist zu klein für die Geschichte,
Zu jung für Sagen und Gedichte.
Doch ich, der wohlbestellte Sänger,

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Durch Feld und Wald der rasche Gänger,

Ich sorge redlich, daß nicht länger
Das Schlößlein bleibe sonder Kunde.
Zur Morgen- und zur Abendstunde
Umwandl’ ich es mit meiner Laute,

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Und wenn dann Klelia, die Traute,

An’s Fenster tritt mit holdem Grüßen:
So will in mir die Hoffnung sprießen,
Daß eine Kunde, drin Geschichte
Sich schön verwoben mit Gedichte,

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Daß solche Kunde bald beginne

Von Klelia’s und Sängers Minne.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)