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Sie wandern rüstig mit dem Frühen,

Bald steigt die Sonne drückend heiß;
Die Zunge lechzt, die Lippen glühen
Und von der Stirne rinnt der Schweiß:
 Da rieselt so helle

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 Vom Felsen die Quelle.


Wie trinken sie in vollen Zügen!
Doch als sie kaum den Durst gestillt,
Bezeugen sie ihr Mißvergnügen,
Daß hier nicht Wein, nur Wasser, quillt:

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  „O fades Getränke!

 O ärmliche Schwenke!“

In seine vielverwobnen Gänge
Nimmt jetzt der Wald die Pilger auf,
Da stehn sie plötzlich im Gedränge,

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Verworrnes Dickicht hemmt den Lauf;

 Sie irren, sie suchen,
 Sie zanken und fluchen.

Derweil hat sich in finstre Wetter
Die schwüle Sonne tief verhüllt,

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Schon rauscht der Regen durch die Blätter,

Es zuckt der Blitz, der Donner brüllt,
 Dann kömmt es geflossen,
 Unendlich ergossen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0278.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)