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Bald wird der Forst zu tausend Inseln,

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Zahllose Ströme brechen vor;

Hier hilft kein Toben, hilft kein Winseln,
Er muß hindurch, der edle Chor.
 O gründliche Taufe!
 O köstliche Traufe!

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Vor Alters wurden Menschenkinder

Verwandelt oft in Quell und Fluß,
Auch unsre sieben arme Sünder
Bedroht ein gleicher Götterschluß.
 Sie triefen, sie schwellen,

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 Als würden sie Quellen.


So, mehr geschwommen, als gegangen,
Gelangen sie zum Wald hinaus;
Doch keine Schenke sehn sie prangen,
Sie sind auf gradem Weg nach Haus;

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 Schon rieselt so helle

 Vom Felsen die Quelle.

Da ist’s, als ob sie rauschend spreche:
„Willkommen, saubre Brüderschaar!
Ihr habt geschmähet, thöricht Freche!

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Mein Wasser, das euch labend war.

 Nun seyd ihr getränket,
 Daß ihr daran denket.“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0279.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)