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Der König Karl zur Tafel saß
Im goldnen Rittersaal.
Die Diener liefen ohn’ Unterlaß
Mit Schüssel und Pokal.

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Von Flöten, Saitenspiel, Gesang

Ward jedes Herz erfreut,
Doch reichte nicht der helle Klang
Zu Berta’s Einsamkeit.

Und draußen in des Hofes Kreis,

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Da saßen der Bettler viel,

Die labten sich an Trank und Speis’
Mehr, als am Saitenspiel.

Der König schaut in ihr Gedräng
Wohl durch die offne Thür,

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Da drückt sich durch die dichte Meng’

Ein feiner Knab herfür.

Des Knaben Kleid ist wunderbar,
Vierfarb zusammengestückt;
Doch weilt er nicht bei der Bettlerschaar,

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Herauf zum Saal er blickt.


Herein zum Saal klein Roland tritt,
Als wär’s sein eigen Haus.
Er hebt eine Schüssel von Tisches Mitt’
Und trägt sie stumm hinaus.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0294.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)