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Der König denkt: „was muß ich sehn?

Das ist ein sondrer Brauch.“
Doch weil er’s ruhig läßt geschehn,
So lassen’s die Andern auch.

Es stund nur an eine kleine Weil’,

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Klein Roland kehrt in den Saal.

Er tritt zum König hin mit Eil’
Und faßt seinen Goldpokal.

„Heida! halt an, du kecker Wicht!“
Der König ruft es laut.

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Klein Roland läßt den Becher nicht,

Zum König auf er schaut.

Der König erst gar finster sah,
Doch lachen mußt’ er bald.
„Du trittst in die goldne Halle da

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Wie in den grünen Wald.


Du nimmst die Schüssel von Königs Tisch
Wie man Äpfel bricht vom Baum;
Du holst wie aus dem Bronnen frisch
Meines rothen Weines Schaum.“

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„Die Bäurin schöpft aus dem Bronnen frisch,

Die bricht die Äpfel vom Baum;
Meiner Mutter ziemet Wildbrät und Fisch,
Ihr rothen Weines Schaum.“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)