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Als nun von seinen Wunden Graf Ulrich ausgeheilt,
Da reitet er nach Stuttgart, er hat nicht sehr geeilt;
Er trifft den alten Vater allein am Mittagsmahl,

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Ein frostiger Willkommen! kein Wort ertönt im Saal.


Dem Vater gegenüber sitzt Ulrich an den Tisch,
Er schlägt die Augen nieder, man bringt ihm Wein und Fisch;
Da faßt der Greis ein Messer, und spricht kein Wort dabei,
Und schneidet zwischen Beiden das Tafeltuch entzwei.




4. Die Döffinger Schlacht.

Am Ruheplatz der Todten, da pflegt es still zu seyn,
Man hört nur leises Beten bei Kreuz und Leichenstein;
Zu Döffingen war’s anders, dort scholl den ganzen Tag
Der feste Kirchhof wieder von Kampfruf, Stoß und Schlag.

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Die Städter sind gekommen, der Bauer hat sein Gut

Zum festen Ort geflüchtet und hält’s in tapfrer Hut;
Mit Spieß und Karst und Sense treibt er den Angriff ab,
Wer todt zu Boden sinket, hat hier nicht weit in’s Grab.

Graf Eberhard der Greiner vernahm der Seinen Noth,

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Schon kömmt er angezogen mit starkem Aufgebot,

Schon ist um ihn versammelt der besten Ritter Kern,
Vom edeln Löwenbunde die Grafen und die Herrn.

Da kömmt ein reis’ger Bote vom Wolf von Wunnenstein:
„Mein Herr mit seinem Banner will Euch zu Dienste seyn.“

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Der stolze Graf entgegnet: „ich hab’ sein nicht begehrt,

Er hat umsonst die Münze, die ich ihm einst verehrt.“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0322.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)