Seite:UhlandGedichte1815 0326.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Jungfrau Sieglinde.

Das war Jungfrau Sieglinde,
Die wollte früh aufstehn,
Mir ihrem Hofgesinde
Zum Frauenmünster gehn.

5
Sie ging in Gold und Seide,

Mit Blumen und Geschmeide,
Das ward zu großem Leide.

Es stehn drei Lindenbäume
Wohl vor der Kirchenpfort’;

10
Da saß der edle Heime,

Der sprach viel leise Wort’:
„Was Gold, was Edelsteine!
Hätt’ ich der Blumen eine
Aus deinem Kranz, du Feine!“

15
So sprach der Jüngling leise,

Da trieb der Wind sein Spiel,
Daß aus der Blumen Kreise
Die schönste Rose fiel.
Herr Heime thät sich bücken,

20
Die Rose wegzupflücken,

Damit wollt’ er sich schmücken.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0326.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)