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I. Vom Vermögen der Stadt.


§. 1.

Durch Reichsdeputationsschluß vom 25. Februar 1803 ist die freie Reichsstadt Ulm mediatisirt worden: das heißt: sie, die bisher Landesherr und nur dem Kaiser und Reich untergeben gewesen war, ist zum Unterthan und zwar des Churfürsten von Bayern geworden; mit dem Sie bisher gleiche landesherrliche Rechte ausgeübt hatte; jedoch wurde durch den ebengedachten Beschluß festgesetzt: „daß der neue Landesherr die ihm zur Entschädigung zugetheilte Reichsstadt hinsichtlich ihrer Verfassung und ihres Eigenthums, wie seine am meisten bevorzugten Städte zu behandeln, und sie im ruhigen Besitze aller ihrer zu kirchlichen und milden Stiftungen gehörigen Güter und Einkünfte zu belassen habe.“

Der Stadt – der Gemeinde – Ulm sollte demnach ihr bisheriges städtisches Eigenthum verbleiben und blos das Eigenthum des Staats Ulm, der zu bestehen aufgehört hatte, sollte auf den neuen Landesherrn übergehen.

Allein Staat und Stadt waren in den Reichsstädten auf das innigste mit einander verbunden und in einander verwachsen; es entstand daher zuvörderst die Frage: welches Eigenthum hatte dem Staate und welches hatte der Stadt gehört?

Waren die Häuser, die Waldungen, die Gefälle, die Dörfer etc., welche die Reichsstadt besessen, Eigenthum des Staats oder der Stadt gewesen?

Ein Privatmann kann alle Arten des ebengenannten Grundvermögens besitzen, also auch eine Gemeinde.

Die Reichsstadt Ulm hat ihr ebengedachtes Eigenthum nicht durch Eroberungen erworben, sie hat es durch Kauf- und Vertrag an sich gebracht: es wäre daher entscheideud gewesen, zu wissen, ob die genannten Besitzungen mit dem Gelde des Staats oder der Stadt, oder wohl gar mit demjenigen der einzelnen Bürger gekauft worden seyen? Es geht hier die Sage, daß, sowie die Bürger – großentheils mit ihrem eigenen Vermögen – ihr Münster gebaut, sie mit den gleichen Mitteln auch Dörfer, Höfe, Waldungen etc. erworben haben.

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 05. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_05.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)