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fraglos einmal in besseren Tagen einem Diplomaten gehört hatte, jetzt aber derartig zerrissen und von der Sonne ausgezogen war, daß jeder Stromer in Deutschland sich geschämt hätte sie anzuziehen. An den Füßen hatte der Mausfallenhändler ein Paar Militärschnürschuhe, wahre Oderkähne, während in einer umgehängten großen Ledertasche, ähnlich der unserer Postboten, sein Reisegepäck verstaut zu sein schien.

Trotz dieses räubermäßigen Aussehens hatten Janos Preszönis Augen etwas im Blick, das sofort für ihn einnahm. Offenheit, Lebensfrohsinn und Wagemut leuchten darin wie sprechende Fünkchen. Tümmler schüttelte ihm daher auch derb die Hand, und seinem Beispiel folgten die Gefährten, selbst Ali Mompo, der vor der grünschimmernden ehemaligen Goldstickerei des Diplomatenrockes großen Respekt zu haben schien. –

Wie gesagt, – der Ungar machte zwischen den bisherigen Gegnern den Dolmetscher und sorgte dafür, daß der neue Freundschaftsbund mit den Muka Lari in aller Form abgeschlossen wurde. Er lebte bereits drei Jahre unter den Zwergen, und seine Lebensgeschichte, die er dann abends am Lagerfeuer zum besten gab, hörte sich an wie der Anfang eines Abenteuerromans. Alles, was Engländer hieß, haßte er glühend. Er hatte vor seiner Flucht in die Wüste in Suez in der Notwehr einen britischen Matrosen niedergeschossen, war zum Tode verurteilt worden, aber mit Hilfe eines arabischen Zellengenossen aus dem Kerker ausgebrochen und schließlich nach langen Irrfahrten hier zu den Muka Lari gelangt, bei denen er so etwas wie den „Kriegsminister“ spielte, daß heißt, bei Streitigkeiten mit anderen Abteilungen des Stammes die stets unblutig verlaufenden Fehden leitete. Sein Ansehen unter den kleinen Naturkindern war nicht gering, und noch wertvoller war seine Kenntnis des Landes und der es bewohnenden Völkerschaften für unsere kühnen Reisenden.

Kaum hatte er gehört, daß das nächste Ziel der Deutschen die schnelle Befreiung Paul Lorings war, als er sich auch schon bereit erklärte, „die libben Bundesbrieder“ zu begleiten. Er behauptete, er kenne die Lage

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W. Belka: Unter den Muka Lari-Zwergen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Unter_den_Muka_Lari-Zwergen.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)