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den Baum umzuhauen, damit der Specht, wenn der Baum umstürzte, herunterfiele. Es gelang ihnen zwar, den Baum umzuhauen, der Specht aber flog davon.

Da sie nun des Spechtes nicht habhaft werden konnten, so trösteten sie sich mit den vielen Bäumen, welche sie gefällt hatten. Um sie nach Hause zu schaffen, begannen sie, dieselben aus dem Walde heimzutragen. Sie waren mit ihrer Arbeit fast zu Ende. Als sie den letzten Baum, welchen sie auf dem Berge gefällt hatten, davonschleppen wollten, fassten sie die Sache nicht richtig an, der Baum entglitt ihren Händen und rollte den Berg hinab. Da merkten sie erst, wie man die Bäume den Berg hinab zu schaffen habe. Sofort machten sie sich an das Werk, schleppten die Bäume wieder auf den Berg hinauf und kollerten sie dann den Berg hinunter.

Branitz.     
5.

Die Schildbürger gingen einst in die Haide, um Vögel zu fangen. Da flog aus einem Loche ein Vogel heraus; ein Schildbürger steckte die Hand hinein, um zu sehen, ob noch mehr Vögel darin seien. Als er in dem Loche nach den Vögeln herumfühlen wollte, musste er die Hand öffnen; da er nun die Finger nicht wieder zusammen hielt, so konnte er die Hand aus dem Loche nicht herausziehen. Nun war grosse Noth unter den Schildbürgern, welche unter dem Baume standen und auf die Vögel warteten, die der Mann aus dem Loche herausnehmen sollte. Endlich kam man auf den Einfall, man wolle eine Leiter holen, dieselbe in das Loch stecken, dann könne die Hand daran empor klettern. Als sie nun aber mit der Leiter zur Haide kamen, trugen sie dieselbe in der Quere, so dass sie nicht vorwärts konnten. Somit blieb ihnen nichts übrig, als dass sie das Hinderniss beseitigten, also die Bäume fällten, um vorwärts zu kommen. Das thaten sie denn auch, gebrauchten aber sieben Jahre dazu, bevor sie zu dem Mann kamen, dessen Hand in dem Loch steckte. Dieser war aber längst gestorben und verfault, als sie endlich mit der Leiter glücklich ankamen.

Branitz.