Die Murawa.
Die Murawa kommt in der Nacht, wenn man schläft. Will man sie los werden, so muss man, sobald man sie merkt, einen Bettzipfel ergreifen: hält man den Bettzipfel bis zum nächsten Morgen fest, so kann die Murawa während der Zeit nicht aus der Kammer heraus. Lässt man den Bettzipfel am Morgen los, so entflieht die Murawa, kommt aber nicht wieder. Man kann sie auch auf die Weise los werden, dass man ihr, wenn man den Bettzipfel gefasst hat, etwas verspricht. Alsdann kommt am nächsten Tage irgend eine Person, welche die Murawa war. Dieser muss man dann, ohne zu fragen, ob sie der oder jener wäre, das Versprochene geben. Hält man aber sein Versprechen nicht, so kommt die Murawa in der dritten Nacht wieder und ersticht den Wortbrüchigen.
Die Murawa zeigt sich in der mjas god Zeit und Ostern.
Die Tage, an welchen die Murawa erscheint, währen vom heiligen Abend bis zu den drei Königen, also dem 6. Januar.
Wird man von der Murawa geplagt und will man sie verscheuchen, so muss man mit dem Daumen des Fusses dreimal gegen das Bettgestell drücken.
Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Veckenstedt_-_Wendische_Sagen,_M%C3%A4rchen_und_abergl%C3%A4ubische_Gebr%C3%A4uche.pdf/151&oldid=- (Version vom 10.11.2016)
