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21.

In Schorbus lebte einmal ein Bauer, welcher sich jeden Morgen, wie es sich schickt, wusch und dann betete. Sein Hirt aber that das nicht. Da geschah es einmal, dass der Bauer auf dem Felde war, sein Hirt aber mit dem Vieh nicht weit von der Stelle, wo der Bauer arbeitete. Der Bauer hatte Hunger bekommen. Plötzlich stand ein Ludk vor ihm, welcher ihm mit den Worten ein Frühstück überreichte: „Der Bauer hat sich gewaschen und gebetet, er soll auch zu essen haben; der Hirt hat sich nicht gewaschen und nicht gebetet, er soll auch nichts zu essen bekommen.“ Nachdem er dies gesagt hatte, entfernte er sich, der Bauer aber liess sich das Frühstück gut schmecken.

Schorbus.     
22.

Bei Tschelln in der Muskauer Haide fliesst die Spree zwischen Sandufern dahin. Diese Ufer wurden in uralten Zeiten vom Wasser der Spree bespült, gegenwärtig aber liegen sie theilweis hundert und mehr Schritt seitwärts des eigentlichen Flussbettes: zwischen ihnen und dem Wasser befindet sich eine fruchtbare Niederung. Unterhalb Tschelln führt ein Theil dieses flachen Flussuferlandes einen Namen, welcher zu deutsch: „alte Ecken“ oder „alte Löcher“ heisst. In diesen Höhlen oder Löchern haben in uralter Zeit die Ludki gewohnt.

Einst pflügte ein Bauer auf seinem Felde in der Nähe der Ludkiwohnungen. Er hatte seit früh Morgens fleissig gepflügt. Als es gegen elf Uhr kam, bemerkte er einen angenehmen Duft, wie von frischem Gebäck. Gewiss, dachte er bei sich, haben die Ludki ein Fest und backen Kuchen; deshalb rief er laut: „Wenn ich doch auch einen Kuchen hätte.“ Es währte nicht lange, so kam ein Ludk, der brachte einen Kuchen und einen Krug mit Inhalt und sprach: „Diesen Kuchen kannst Du aufessen, doch muss er ganz bleiben, den Krug kannst Du austrinken, berührst Du ihn aber mit dem Munde, dann geht es Dir schlecht.“ Der Bauer war anfänglich ob solcher Rede ganz bestürzt; er pflügte noch einmal um den Acker. Als er aber wieder zurück an das Ende kam, fiel ihm etwas Gutes ein. Er setzte