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werden auch die Glocken schwinden.“ Dann standen sie auf, neigten sich vor dem Baum, strichen denselben mit der linken Hand und dann guckten sie eine ganze Weile in den Mond. Darauf gingen sie auseinander. Die Frauen erzählten, die Bauerfrau habe unter der Esche so glänzend ausgesehen, wie sonst nie in ihrem Leben.

Kittlitz.     
36.

In Bolschwitz soll es viel Hexen geben. Deshalb passen die Leute gewöhnlich in der ersten Mainacht auf, damit Niemand, mag sein wer will, auf ihre Gehöfte kommt. Einst stellte sich auch ein Bauer hin, um zu sehen, was in der betreffenden Nacht etwa kommen werde. Er stand noch nicht lange vor seinem Kuhstall, so kamen ein paar schwarze Hunde angelaufen. Er jagte dieselben schnell vom Hofe herunter. Darauf kamen ein paar grosse Katzen, sodann eine weisse Gans. Er aber jagte alle die Thiere vom Hofe. Nun dachte er: „Jetzt wird wohl Niemand mehr kommen.“ Schon wollte er in sein Haus gehen, als auf einmal ein Mann mit einem Sacke auf dem Buckel und einem Messer in der Hand an die Kuhstallthür trat. Der Mann nahm sein Messer und schnitt in die Kuhstallthür, indem er sprach:

„Ich mache einen Schnitt,
Butter und Käse nehme ich mit.“

Da trat der alte Bauer rasch hervor, griff nach einem derben Stock und schlug mit aller Gewalt auf den Mann los. Dieser verschwand plötzlich vor seinen Augen.

Bolschwitz.     
37.

Zu einem Bauer in Sassleben sind einmal, als er allein zu Hause war, aus Coswig drei Hexen gekommen. Es war gerade der erste Mai um die Mittagszeit. Die Hexen fragten den Alten zuerst nach Speck, dann nach Geld.

Der Alte sagte, er habe weder Geld noch Speck. Da fragten ihn die Hexen, ob er Brod habe, worauf er sagte: „Ja, das kann ich Euch geben.“ Darauf stand er auf, um Brod zu holen. Allein kaum war er in der Mitte der