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ist, so viel man auch Stangen an einander gebunden und hineingestossen hat.

Steinitz.     
4.

In der Nähe von Steinitz ist ein See, welcher unergründlich tief ist. Darin soll die Steinitzer Glocke, welche einen wunderbar schönen Klang hatte, liegen. Einer Frau wäre es einmal beinahe geglückt, dieselbe an das Licht des Tages zu ziehen. Einstmals fischte sie nämlich im See. Als sie ihr Netz hochziehen wollte, war es so schwer, dass sie das kaum vermochte. Daran merkte sie, dass ein sehr schwerer Gegenstand im Netze war. Weil ihr derselbe viel zu schaffen machte, rief sie in ihrem Aerger aus: „Verfluchtes Ding!“ In demselben Augenblick ward ihr Netz leicht. Tief unten vom Grunde herauf aber gab es einen seltsamen Klang. Da wussten die Leute, welchen sie Alles erzählt hatte, dass die Frau die Glocke in ihrem Netze gehabt hat.

Steinitz.     
5.

Die Bewohner des früher katholischen Dorfes Steinitz hatten eine Glocke, welche durch ihr schönes Geläute den Neid der Einwohner von Lindchen und Bahnsdorf erweckte. Die Bauern dieser Dörfer beschlossen, sie wollten sich, da sie selbst keine Glocken hatten, derselben bemächtigen. Es war ihnen auch schon gelungen, die Glocke heimlich bis auf einen Berg, welcher zwischen den Dörfern liegt, zu schaffen. Plötzlich jedoch fing die Glocke von selbst an zu läuten. Kaum hörten die Steinitzer das Geläut ihrer Glocke, so eilten sie herzu und entrissen den Bewohnern von Lindchen und Bahnsdorf ihre Glocke wieder. Bei dem Streit, welcher entstand, ereignete es sich jedoch, dass die Glocke in einen Sumpf am Abhange des Berges fiel. Da hat sie mehrere Jahre hindurch gelegen, bis sie eines Tages von einer Sau wieder ausgewühlt ist. Die Steinitzer freuten sich, dass sie wieder zu ihrer Glocke kamen. Man kann dieselbe noch heute im Dorfe läuten hören.

Steinitz.