Seite:Vermischte Schriften 107.jpg

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sehr selten ein classischer Brocken, irgend ein Stück Herodot oder eine Aesopische Fabel oder ein Horazischer Vers im Hirntopfe zurückbleibt, wie ehemals, wo die armen Leute an den alten Schulbrodkrusten ihrer Jugend später noch lange zu knuspern hatten. So ein Bischen Latein ziert den ganzen Menschen, sagte mir einst ein alter Schuster, dem aus der Zeit, wo er mit dem schwarzen Mäntelchen in das Jesuitencollegium ging, so mancher schöne Ciceronianische Passus aus den Catilinarischen Reden im Gedächtnisse geblieben, den er gegen heutige Demagogen so oft und so spaßhaft glücklich citirte. Pädagogik war die Specialität der Jesuiten, und obgleich sie dieselbe im Interesse ihres Ordens treiben wollten, so nahm doch die Leidenschaft für die Pädagogik selbst, die einzige menschliche Leidenschaft die ihnen blieb, manchmal die Oberhand, sie vergaßen ihren Zweck, die Unterdrückung der Vernunft zu Gunsten des Glaubens, und statt die Menschen wieder zu Kindern zu machen, wie sie beabsichtigten, haben sie im Gegentheil, gegen ihren Willen, durch den Unterricht die Kinder zu Menschen gemacht. Die

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Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)