Seite:Vermischte Schriften 111.jpg

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und heilsamsten gewesen seyn möchte. Die alte Frau bereute jetzt sehr, einen so vernünftigen Vorschlag abgelehnt zu haben; aber zu jener Zeit träumte sie für mich sehr hochfliegende weltliche Würden, und dann war sie eine Schülerin Rousseau’s, eine strenge Deistin, und es war ihr auch außerdem nicht recht, ihren ältesten Sohn in jene Soutane zu stecken, welche sie von deutschen Priestern mit so plumpem Ungeschick tragen sah. Sie wußte nicht, wie ganz anders ein römischer Abbate dieselbe mit einem graciösen Schick trägt und wie coquet er das schwarzseidne Mäntelchen achselt, das die fromme Uniform der Galanterie und der Schöngeisterei ist im ewig schönen Rom.

     O, welch ein glücklicher Sterblicher ist ein römischer Abbate, der nicht blos der Kirche Christi, sondern auch dem Apoll und den Musen dient. Er selbst ist ihr Liebling, und die drei Göttinnen der Anmuth halten ihm das Tintenfaß, wenn er seine Sonette verfertigt, die er in der Academie der Arcadier mit zierlichen Cadenzen recitirt. Er ist ein Kunstkenner, und er braucht nur den Hals

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Vermischte Schriften. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vermischte_Schriften_111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)