Seite:Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen Teil 1 1759.pdf/10

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daß man schon angefangen hat zu glauben, es würde einem angst, wenn man etwas langsames oder sangbares auf dem Clavier spielen soll; man könne weder einen Ton an den andern ziehen, noch einen Ton von dem andern durch einen Stoß absondern; man müsse dieses Instrument bloß als ein nöthiges Uebel zur Begleitung dulden. So ungegründet und widersprechend diese Beschuldigungen sind, so gewisse Zeichen sind sie doch der schlechten Art, das Clavier zu spielen. Ich weiß nicht, da man solchergestalt das Clavier für unsre heutige Music so gar ungeschickt hält, und mancher dadurch abgeschreckt werden kan, solches zu erlernen, ob nicht selbst die Wissenschaft, welche schon jetzo ziemlich rar zu werden anfängt, nicht noch mehr fallen werde, indem sie gröstentheils durch grosse Clavier-Spieler auf uns gebracht worden ist.

 §. 3.  Ausser den Fehlern wider oben angeführte drey Punckte, hat man den Scholaren eine falsche Haltung der Hände gewiesen, wenigstens hat man ihnen solche nicht abgewöhnt; dadurch ist ihnen folgends alle Möglichkeit abgeschnitten worden, etwas Gutes heraus zu bringen, und man hat von den steifen und am Drath gezogenen Fingern schon auf das übrige schliessen können.

 §. 4.  Jeder Lehr-Meister bey nahe, dringt seinen Schülern seine eigene Arbeiten auf, indem es heute zu Tage eine Schande zu seyn scheint, nichts selber setzen zu können. Dahero werden den Lehrlingen, andere gute Clavier-Sachen, woraus sie was lernen könten, unter dem Vorwande, als ob sie zu alt oder zu schwer wären, vorenthalten. Besonders ist man durch ein übles Vorurtheil wider die frantzösischen Clavier-Sachen eingenommen, welche doch allezeit eine gute Schule für Clavier-Spieler gewesen sind, indem diese Nation durch eine zusammenhängende und propre Spiel Art sich besonders vor andern unterschieden hat. Alle nöthige Manieren sind ausdrücklich dabey gesetzt, die linke Hand ist nicht geschont und an Bindungen fehlet es nicht. Diese aber