Seite:Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen Teil 1 1759.pdf/11

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tragen zur Erlernung des wohl zusammenhängenden Vortrages das Hauptsächlichste bey. Der Lehr-Meister kan oft selbst nicht mehr als sein Machwerk spielen; seine verwöhnte und ungeschickte Maschine theilt seinen Gedancken das Steife mit; er kan nichts anders setzen, als was er bezwingen kan; mancher wird für einen guten Clavier-Spieler gehalten, ohngeacht er kaum weiß, wie die Bindungen gespielt werden müssen; folglich sehen wir daher eine grosse Menge elender Arbeiten für das Clavier und verdorbener Schüler entstehen.

 §. 5.  Man martert im Anfange die Scholaren mit abgeschmackten Murkys und andern Gassen-Hauern, wobey die lincke Hand bloß zum Poltern gebraucht, und dadurch zu ihrem wahren Gebrauche auf immer untüchtig gemachet wird, ohngeacht sie vorzüglich auf eine vernünftige Art solte geübt werden, indem es um so viel schwerer hält, daß sie mit der rechten, eine gleiche Geschicklichkeit erlangen kan, je mehr diese bey allen übrigen Handlungen ihre Dienste thun muß.

 §. 6.  Fängt endlich der Schüler durch Anhörung guter Musiken an, einen etwas feinern Geschmack zu kriegen, so eckelt ihm vor seinen vorgeschriebenen Stücken, er glaubt alle Clavier-Sachen sind von derselben Art, folglich nimmt er seine Zuflucht besonders zu Singe-Arien, welche, wenn sie gut gesetzt sind, und die Gelegenheit da ist, solche von guten Meistern singen zu hören, zu Bildung eines guten Geschmacks und zur Uebung des guten Vortrags geschickt sind, aber nicht zu Formirung der Finger.

 §. 7.  Der Lehrmeister muß diesen Arien Gewalt thun und sie auf das Clavier setzen. Ausser andern daraus entstehenden Ungleichheiten leidet hier abermahls die linke Hand, indem solche mehrentheils mit faulen oder gar Trommel-Bässen gesetzt sind, welche zu ihrer Absicht so seyn mußten, aber beym Clavierspielen der lincken Hand mehr Schaden als Nutzen bringen.