Seite:Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen Teil 1 1759.pdf/115

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sogar nur dann und wann glücken, muß man öffentlich weglassen, man müßte denn in einer gantz besondern Fassung des Gemüthes seyn. Auch durch Probirung der Triller und andrer kleinen Manieren kan man das Instrument zuvor erforschen. Alle diese Vorsichten sind aus zweyerley Ursachen nothwendig, erstlich, damit der Vortrag leicht und fliessend sey, und ferner, damit man gewisse ängstliche Gebährden vermeiden könne, die die Zuhörer, anstatt sie zu ermuntern, vielmehr verdrießlich machen müssen.

 §. 10.  Der Grad der Bewegung läßt sich so wohl nach dem Inhalte des Stückes überhaupt, den man durch gewisse bekannte italiänische Kunst-Wörter anzuzeigen pflegt, als besonders aus den geschwindesten Noten und Figuren darinnen beurtheilen. Bey dieser Untersuchung wird man sich in den Stand setzen, weder im Allegro übereilend, noch im Adagio zu schläfrig zu werden.

 §. 11.  Die begleitenden Stimmen muß man, soviel möglich, von derjenigen Hand verschonen, welche den herrschenden Gesang führet, damit sie selbigen mit aller Freyheit ungehindert geschickt herausbringen könne.

 §. 12.  Wir haben im §. 8. als ein Mittel, den guten Vortrag zu erlernen, die Besuchung guter Musicken vorgeschlagen. Wir fügen allhier noch hinzu, daß man keine Gelegenheit verabsäumen müsse, geschickte Sänger besonders zu hören: Man lernet dadurch singend dencken, und wird man wohl thun, daß man sich hernach selbst einen Gedancken vorsinget, um den rechten Vortrag desselben zu treffen. Dieses wird allezeit von grösserm Nutzen seyn, als solches aus weitläuftigen Büchern und Discursen zu hohlen, worinn man von nichts anderm als von Natur, Geschmack, Gesang, Melodie, höret, ungeachtet ihre Urheber öfters nicht im Stande sind, zwey Noten zu setzen, welche