Seite:Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen Teil 1 1759.pdf/125

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anfängt; Dieses Stillehalten und zugleich das Ende jeder Proposition habe ich durch weisse Noten, ohne mich an die gewöhnliche Schreib-Art der Bindungen zu kehren, und ohne weitre Absicht, in den Probe-Stücken angedeutet. Diese weissen Noten werden so lange ausgehalten, bis sie in derselben Stimme von andern abgelöset werden. Man mercke hier, wenn eine andre Stimme in die Queere kommt, daß man alsdenn die auszuhaltende Note zwar auf einige Zeit aufheben muß; dem ohngeacht aber läßt man sie aufs neue liegen, wenn die in die Queere gekommene Stimme solche das letzte mahl anschläget. Sollte dieser Fall bey zwey beschäftigten Händen vorkommen, so ergreift so gleich die andere Hand diese zuletzt angeschlagene Note bevor ihn die erste Hand verläßt. Hierdurch erhält man das Nachsingen ohne einen neuen Anschlag zu machen. Das bey diesen weissen Noten erforderte Stillehalten geschiehet deßwegen, damit man das Cadenzenmachen zweyer oder dreyer Personen, ohne Abrede zu nehmen, nachahme, indem man dadurch gleichsam vorstellet, als wenn eine Person auf die andere genau Achtung gebe, ob deren Proposition zu Ende sey oder nicht. Ausser dem würden die Cadenzen ihre natürliche Eigenschaft verliehren, und es dürfte scheinen, als ob man, statt eine Cadenz zu machen, ein ausdrücklich nach dem Tackt gesetztes Stück mit Bindungen spielte. Dem ohngeacht fällt dieses Stillehalten weg, so bald die Auflösung der Harmonie, welche bey dem Eintritt einer weissen Note vorgehet, erfordert, daß die gerade über dieser weissen stehende Note zugleich mit ihr angeschlagen werden muß.

 §. 31.  Das Probe-Stücke aus dem F dur ist ein Abriß, wie man heute zu Tage die Allegros mit 2 Reprisen das andere mahl zu verändern pflegt. So löblich diese Erfindung ist, so sehr wird sie gemißbrauchet. Meine Gedancken hiervon sind